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Frage von Joachim L. •

Frage an Agnes Alpers von Joachim L. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrte Frau Alpers!

Erläuterung und Fragen:
1. Wird ein Beamter straffällig, wurde verurteilt und ihm wurden die Versorgungsbezüge aberkannt, wird er vom Dienstherrn in der GRV nachversichert. Diese Nachversicherung wird vollständig vom Dienstherrn eingezahlt, sowohl Arbeitnehmer- als auch Arbeitgeberanteil. Welche Bezugshöhe (letzte Besoldungsgruppe, Zuschläge) wird angesetzt? Ein „normaler“ gesetzlich Rentenversicherter erlebt im Regelfall eine Einkommensentwicklung und zahlt entsprechend (mit den Arbeitgebern) Beiträge in die GRV. Ich finde aber keine entsprechenden Hinweise, wie in dem skizzierten Fall verfahren wird.
Für mich ist überhaupt nicht nachvollziehbar, warum für den verurteilten Straftäter quasi als Strafe eine finanzielle Unterstützung gewährt wird, indem sein Arbeitnehmeranteil auch vom Arbeitgeber (also vom Steuerzahler) getragen wird . Das ist quasi ein Geschenk in Höhe von mehreren 10tausend Euro. Können Sie mir das erläutern? Vielleicht auch mit einem Kommentar, warum es eine „Strafe“ ist, statt einer Alimentation eine Rente zu beziehen.
2. Reichen Altersversorgung und die Pflegeversicherung für einen gesetzlich rentenversicherten Bürger nicht aus, muss sein Vermögen bis zum Schonvermögen aufgebraucht werden. Bedarf er dann weiterer Unterstützung, müssen ggf. Kinder für ihn aufkommen. Auch für deren Verpflichtungen gibt es Berechnungsvorgaben. Erhält ein Beamter über seine Pension und die Pflegeversicherung (zahlen Beamte eigentlich in die gesetzliche Pflegeversicherung ein ?) hinaus noch weitere Beihilfen? Muss auch er notfalls sein Vermögen bis zum Schonvermögen
aufbrauchen bevor er diese erhält? Oder gilt das Alimentationsprinzip, das dem Beamten durch seinen Dienstherrn angemessene lebenslange Versorgung zugesteht? Können also Kinder von Beamten überhaupt zur Versorgung ihrer Eltern herangezogen werden ?
Vielen Dank für Ihre Bemühungen bei der Beantwortung dieser beiden Fragenkomplexe!

Freundlichen Gruß
J. Leefmann

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Antwort von
DIE LINKE

Lieber Heer Leefmann,

vielen Dank für Ihre Anfrage über abgeordnetenwatch.de. Gern beantworte ich Ihre Fragen.

Für BeamtInnen ist die Entfernung aus dem Dienst die schwerste Disziplinarmaßnahme. Diese hat den Verlust aller Ansprüche aus dem Dienstverhältnis einschließlich der Versorgungsansprüche zur Folge. Auch RuhestandsbeamtInnen wird das Ruhegehalt aberkannt, wenn sie als aktive Beamte eine Pflichtverletzung begangen haben, die so schwer wiegt, dass bei einem noch im Dienst befindlichen Beamten die Entfernung aus dem Dienst gerechtfertigt wäre.

Hier gilt der Grundsatz: Wer sich als Beamter untragbar gemacht hat, kann nicht Beamter bleiben. Dabei geht es um die „Reinigungsfunktion“ des Disziplinarrechts und nicht um eine etwaige Besserung des Täters, wie es das Bundesverwaltungsgericht einmal in einem Urteil ausgedrückt hat. Zugleich dient die Maßnahme der Wahrung des Ansehens des Beamtentums, mit der es nicht vereinbar wäre, wenn Beamte, die sich durch schwere Pflichtverletzungen untragbar gemacht haben, gleichwohl durch den Dienstherrn lebenslänglich versorgt würden. Die Aberkennung der Ansprüche verfolgt also insbesondere die Zwecke der Generalprävention und der Wahrung des Ansehens des öffentlichen Dienstes.

Damit diese BeamtInnen nicht ohne Versorgung bleiben – hier geht es um die materielle Existenz -, findet nach den Vorschriften des SGB VI eine Nachversicherung statt. Dies geschieht auf Grundlage der Beamtenbezüge, in der Höhe begrenzt durch die jeweiligen Beitragsbemessungsgrenzen. Die Nachversicherung führt so in der Regel zur Kürzung der Altersversorgung, zumeist bleibt der gesetzliche Rentenanspruch deutlich hinter dem beamtenrechtlichen Versorgungsanspruch zurück.

Durch die Nachversicherung erfolgt eine Gleichstellung mit einem vergleichbaren Versicherten, der Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet hat. Die durch den Dienstherrn gezahlten Nachversicherungsbeiträge gelten als rechtzeitig gezahlte Pflichtbeiträge in der gesetzlichen Rentenversicherung.

Mit Einführung der Reichsversicherungsordnung und dem Versicherungsgesetz für Angestellte die Sozialversicherung in Deutschland sollte jede Diskriminierung der Versicherten ausgeschlossen werden. Für die Rentenzahlung gilt daher der Grundsatz der Wertneutralität.

Zu Ihrer zweiten Frage hinsichtlich der Unterhaltsverpflichtung von BeamtInnen gegenüber ihren Eltern: Hier ist § 1601 BGB (Unterhaltsverpflichtete) „Verwandte in gerader Linie sind verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren.“ einschlägig. Diese Regelung bzw. Verpflichtung gilt auch für BeamtInnen.

Bei der Pflegeversicherung verhält es sich folgendermaßen: Wer in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert ist, gehört der sozialen Pflegeversicherung an. Privat Krankenversicherte mit Anspruch auf allgemeine Krankenhausleistungen müssen eine private Pflegeversicherung abschließen. Auch BeamtInnen sind daher verpflichtet, eine die Beihilfe ergänzende Pflegeversicherung abzuschließen.

Soviel zur offiziellen Sachlage; grundsätzlich stellt sich jedoch die Frage, ob es sinnvoll und gerecht ist, dass einem Menschen, der aus dem Beamtenverhältnis ausgeschieden ist, eine Gleichstellung mit vergleichbaren Versicherten zu 100 Prozent vom Staat gestellt wird. Hier muss berücksichtigt werden, dass die Nachversicherung nicht Teil der Strafe ist. Sie dient der Funktion, die Person nicht zum Sozialfall zu machen, da er durch die Straftat (mit der damit verbundenen Aufhebung des Beamtenstatus) seine Ansprüche auf Pension verwirkt hat. Allerdings kann in Hinblick auf ALG-II-Empfänger und viele Beschäftigte, die aufgrund geringer Einkommen auf ihre Ersparnisse und ihre Altersvorsorge zurückgreifen müssen, von Gerechtigkeit keine Rede sein.

Für Menschen, die von ALG-II leben, werden nach den Kürzungen der Bundesregierung keine Beiträge mehr zur Rentenversicherung eingezahlt. Das bedeutet in vielen Fällen, dass sie von Altersarmut bedroht sind, selbst wenn sie über Jahre in die Rentenversicherung eingezahlt haben oder nach einer Phase der Arbeitslosigkeit erneut eine sozialversicherungspflichtige Arbeit aufnehmen.

DIE LINKE steht für Gerechtigkeit bei der Rente. Jeder soll an seinem Lebensabend gut versorgt sein. Hierfür hat DIE LINKE ein neues Rentenkonzept erarbeitet: http://www.linksfraktion.de/positionspapiere/konzept-gegen-altersarmut/ . Darüber hinaus wollen wir erreichen, dass auch Beamte in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung pflichtversichert werden.

Ich würde mich freuen, wenn Sie die Bundesregierung fragen würden, wie sie die Absicherung von Beiträgen von Beamten, die Streichung der Leistungen zur Altersvorsorge bei Hartz IV-Empfängern und dem Anspruch, dass alle anderen den Lebensabend selbst absichern müssen, unter dem Gesichtspunkt der Gerechtigkeit bewertet.

Ich hoffe, Ihre Fragen ausreichend beantwortet zu haben.

Mit freundlichen Grüßen
Agnes Alpers