Beraterjob von Gabriel bei Tönnies: abgeordnetenwatch.de fordert Karenzzeit von drei Jahren

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Hamburg / Berlin, 2. Juli 2020 - Nach Recherchen des ARD-Magazins Panorama war der frühere Bundesminister und Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) von März bis Mai 2020 als Berater beim Fleischkonzern Tönnies tätig. Gabriel erhielt demnach eine monatliche Pauschale von 10.000 Euro sowie weitere Honorare. Laut des Tönnies-Konzernbeirats sei das Ziel der Gabriel-Verpflichtung gewesen, dass Gabriel seine „weiten Kontakte für die Tönnies Gruppe zur Verfügung stellen“ wird.

Léa Briand, Pressesprecherin der Transparenzorganisation abgeordnetenwatch.de, erklärt zum Fall Gabriel: „Wenn ein Unternehmen das gut gefüllte Adressbuch eines langjährigen Bundeswirtschafts- und Außenministers fürs eigene Interesse einkauft, dann leidet das gesamte Demokratieverständnis. Denn es ist offensichtlich, dass Gabriel für Tönnies ein Türöffner sein und dem Konzern einen privilegierten Zugang zur Politik verschaffen sollte, den andere nicht haben.“

Panoroma berichtete an diesem Donnerstag außerdem, dass sich Sigmar Gabriel 2015 als Bundeswirtschaftsminister unter Federführung von Tönnies mit Fleischkonzernen auf eine „freiwillige Selbstverpflichtung“ zur Einhaltung sozialer Standards in der Fleischwirtschaft geeignigt hatte - die sich aber rückblickend als weitgehend wirkungslos erwies.

Briand dazu: „Ein ehemaliger Regierungsvertetrer sollte nicht für ein Unternehmen arbeiten, mit dem er während seiner Amtzeit Regelungen erarbeitet hat. Der Beraterjob hat angesichts der Vorgeschichte einen fahlen Beigeschmack.“

Um solche Fälle zu erschweren, fordert abgeordnetenwatch.de strengere Regeln für die Seitenwechsel von ehemaligen Regierungsmitgliedern in die Wirtschaft. „Mindestens drei Jahre nach dem Ende ihrer Amtzeit sollte es Politikerinnen und Politikern verboten werden, in die Wirtschaft zu wechseln. Es muss für Konzerne unattraktiv werden, hochrangige Politikerinnen und Politiker mit ihren Adressbüchern zu verpflichten“, meint Léa Briand.

Seit Jahresbeginn ist es bereits das zweite Mal, dass Gabriel Schlagzeilen wegen einer Tätigkeit in der Wirtschaft macht. Ende Januar ging es um seinen Posten im Aufsichtsrat der Deutschen Bank.

 

Weiterführende Links:

Panorama-Recherche zu Gabriel/Tönnies

Recherche von abgeordnetenwatch.de zu den Kontakten der ehemaligen Minister:innen

Gabriel-Wechsel zur Deutschen Bank