Modernere Unternehmensbesteuerung und Maßnahmen gegen Steuervermeidung

Das EU-Parlament fordert mit der Annahme des Entschließungsantrages des Ausschusses für Wirtschaft und Währung die EU-Kommission und die Mitgliedsstaaten auf, im Rahmen der OECD-Verhandlungen auf eine starke Lösung hinsichtlich der Besteuerung von Digitalunternehmen zu drängen. So soll unter anderem zur Besteuerung digitaler Unternehmen keine physische Präsenz eines Unternehmens mehr nötig sein, um so Steuervermeidung zu bekämpfen. Sollte es in der Kooperation mit der OECD bis Ende 2020 keine Lösung geben, wolle das EU-Parlament auch eine eigene Lösung in Betracht ziehen.

Mit 479 Ja-Stimmen und 141 Nein-Stimmen wurde der Antrag angenommen. Die deutschen Nein-Stimmen stammen von den AfD-Abgeordneten der ID-Fraktion.

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Dafür gestimmt
74
Dagegen gestimmt
10
Enthalten
6
Nicht beteiligt
6
Abstimmungsverhalten von insgesamt 96 Abgeordneten.

Das EU-Parlament fordert mit der Annahme des Entschließungsantrages des Ausschusses für Wirtschaft und Währung die EU-Kommission und die Mitgliedsstaaten auf, im Rahmen der OECD-Verhandlungen auf eine starke Lösung hinsichtlich der Besteuerung von Digitalunternehmen zu drängen. Die Unternehmensbesteuerung zu modernisieren, um dem digitalen Zeitalter zu entsprechen. So soll unter anderem zur Besteuerung digitaler Unternehmen keine physische Präsenz eines Unternehmens mehr nötig sein, um so Steuervermeidung zu bekämpfen.

Aktuell können Unternehmen nur dann in einem Land besteuert werden, wenn sie dort auch einen physischen Sitz haben. Im digitalen Zeitalter ist dies - anders als früher z.B. mit lokalen Fabriken - in vielen Fällen nicht mehr notwendig, sodass digitale Unternehmen auch mithilfe von Tochterfirmen häufig ihre Besteuerung umgehen oder ihre Steuerpflicht in Länder mit niedrigen Steuersätzen verlegen, de facto also bisher nicht sanktionierbare Steuerflucht begingen. Große digitale Unternehmen gründen Tochtergesellschaften in Ländern mit niedrigeren Körperschaftssteuern und geben ihre Gewinne an Tochterunternehmen in diesen Ländern, um so die höheren Steuersätze zu umgehen.

Das EU-Parlament bedauert, dass es aktuell keine geeinte Position unter den Mitgliedsstaaten hinsichtlich der Besteuerung gebe. Dies erschwere eine starke Position bei den OECD-Verhandlungen, an denen derzeit 135 Länder beteiligt sind. Grundlegend sollen EU-Institutionen und Mitgliedsstaaten das Ziel verfolgen, an die OECD-Bemühungen anzuknüpfen, diese zu unterstützen und an ihnen mitzuwirken. Sollten globale Bemühungen scheitern, so wolle die EU an eigenen Plänen arbeiten.

Der Antrag sieht Maßnahmen in zwei Säulen vor. In "Säule 1 – Hin zu einem einheitlichen Ansatz für eine gerechtere Aufteilung der Besteuerungsrechte" geht es um eine mögliche gemeinsame Sicht der Digitalbesteuerung. So soll sich die künftige Politik in drei grundlegenden Punkten anpassen:

  1. Umfang: Die digitale Wirtschaft soll steuerrechtlich nicht von der übrigen Wirtschaft getrennt werden. Beide stehen im Zusammenhang der Globalisierung nebeneinander und sollten daher nicht unterschiedlich behandelt werden.
  2. Eine neue Einbettung in den Gesamtzusammenhang: Die physische Präsenz soll keine Bedingung für die Besteuerung mehr sein. Ein Unternehmen lässt sich künftig auch anders als "in einem Land ansässig" verorten. Kleinere Staaten sollen zusätzlich mehr profitieren.
  3. Neue Aufteilung der Besteuerungsrechte: Es solle ein neuer Ansatz gewählt werden, der vor allem das Hin- und Herschieben von Gewinnen zwischen Firmengeflechten erschwert. Man befürchte, dass die neuen Vorschriften umgangen werden könnten, daher solle dieser Punkt des "Fremdvergleichsgrundsatzes" besonders deutlich festgeschrieben werden.

Zudem solle in Säule 2 ein globaler Ansatz zur "weltweiten Bekämpfung von Gewinnverkürzung" (also Steuervermeidung) erarbeitet und unterstützt werden. Der Ansatz "GloBE - Global anti-Base Erosion proposal" soll im Prinzip sicherstellen, dass "dass Unternehmensgewinne nicht unterhalb eines bestimmten effektiven Mindestsatzes besteuert werden". Sogenannte Steueroasen sollen so - unter Beibehaltung der Steuersouveränität der einzelnen Staaten - vermieden werden.

Sollte die Zusammenarbeit mit der OECD bis Ende 2020 keine Einigung auf dieser Ebene geben, wolle die EU laut Antrag auch eigene Lösungen erarbeiten.

Mit 479 Ja-Stimmen und 141 Nein-Stimmen wurde der Antrag angenommen. 69 der 748 MdEP enthielten sich ihrer Stimme. Die rechtsnationalistische ID-Fraktion enthielt sich zum Großteil ihrer Stimme, wobei 21 Mitglieder für den Antrag votierten. Von den deutschen Abgeordneten stimmten alle anwesenden Mitglieder der ID-Fraktion (Mitglieder der AfD) gegen den Antrag. Weitergehend votierten die EKR-Fraktion sowie Teile der EVP- und Renewfraktion gegen den Entschließungsantrag. Von den deutschen Mitgliedern der liberalen Renew-Fraktion enthielt sich ein Großteil (die FDP-Mitglieder) seiner Stimme. Lediglich Engin Eroglu und Ulrike Müller von den Freien Wählern votierten für den Antrag. Die deutschen Mitglieder der christdemokratischen EVP stimmten für den Antrag. Die übrigen Ja-Stimmen setzen sich aus den Stimmen der Grünen-, Links- und sozialdemokratischen Fraktion sowie dem fraktionslosen Abgeordneten Martin Sonneborn zusammen.