Fragwürdige Personalie

CDU-Verteidigungsexpertin beschäftigt Ehefrau von Rüstungslobbyisten

Die Verteidigungspolitikerin Gisela Manderla (CDU) beschäftigt nach Recherchen von abgeordnetenwatch.de in ihrem Bundestagsbüro die Ehefrau eines hochrangigen Rüstungslobbyisten. Besonders brisant: Zuständig ist diese ausgerechnet für den Verteidigungsausschuss.

von Martin Reyher, 24.09.2021
64 Kommentare
CDU-Bundestagsabgeordnete Gisela Manderla

Die Beschäftigung einer Mitarbeiterin bringt die Bundestagsabgeordnete und Verteidigungspolitikerin Gisela Manderla (CDU) in Erklärungsnot. Nach Recherchen von abgeordnetenwatch.de arbeitet im Berliner Bundestagsbüro von Manderla die Ehefrau eines hochrangigen Rüstungslobbyisten. Diese ist als wissenschaftliche Mitarbeiterin seit mehr als einem Jahr ausgerechnet für den Verteidigungsausschuss zuständig. 

Der Ehemann der Referentin ist seit August 2020 als "Senior Manager Public Affairs" für eine Lobbyabteilung von Airbus Defence and Space (Eigenwerbung: "Direkt am Puls der Politik") tätig. Airbus Defense and Space ist die Rüstungs- und Raumfahrtsparte des Konzerns, dessen Großkunden unter anderem die Bundeswehr und weitere Streitkräfte sind. Zu den bekanntesten Airbus-Produkten gehört das Transport-Großflugzeug A400M, das im August für Evakuierungsflüge der Bundeswehr aus Kabul eingesetzt wurde.

Der Manager arbeitete schon vor seiner jetzigen Airbus-Tätigkeit jahrelang als Interessenvertreter im Verteidigungsbereich. Zwischen 2016 und Juli 2020 war er beim privaten Dienstleister IABG GmbH beschäftigt, der unter anderem Streitkräfte weltweit bei Rüstungsanschaffungen berät. Zu seinen Aufgaben als Vize-Präsident im Geschäftsbereich "Verteidigung und Sicherheit" gehörte die Betreuung von "politischen Beziehungen".

Zitieren darf man aus dem Schreiben von Manderlas Anwalt nicht 

Eine Anfrage zu der pikanten Personalie beantwortete CDU-Verteidigungsexpertin Manderla nicht persönlich. Stattdessen beauftragte sie die bekannte Anwaltskanzlei Höcker aus Köln. Auf die Frage, ob die Mitarbeiterin vor ihrer Anstellung in Manderlas Abgeordnetenbüro über Erfahrungen im Bereich Verteidigungspolitik verfügte, ging der Anwalt nicht konkret ein. Zitieren darf man aus seinem Schreiben nicht.

Manderlas heutige Mitarbeiterin hatte sich demnach im Januar 2019 auf eine Elternzeitvertretung für das Vorzimmer beworben und war von der CDU-Politikerin eingestellt worden. Sie sei die qualifizierteste aller Bewerber:innen gewesen. Im September desselben Jahres zog Manderla in den Verteidigungsausschuss ein, im Frühjahr 2020 wurde in ihrem Büro dann eine entsprechende Referenten-Stelle frei. Die Mitarbeiterin habe dem gesuchten Profil entsprochen und sich innerhalb von Manderlas Stab beworben. Sie verfüge über die erforderlichen akademischen und fachlichen Qualifikationen.

Ob die für den Verteidigungsausschuss zuständige Referentin zuvor schon Erfahrung im Bereich Verteidigung gesammelt hat, blieb auch auf Nachfrage offen. 

Die CDU-Politikerin Manderla war 2013 in den Bundestag gewählt worden und vertrat die Unionsfraktion im Verteidigungsausschuss. Vier Jahre später verpasste sie den Wiedereinzug ins Parlament, rückte im Herbst 2018 aber für einen ausgeschiedenen CDU-Abgeordneten nach. Seit September 2019 gehört Manderla erneut dem Verteidigungsausschuss an. Bei der Bundestagswahl am 26. September bewirbt sie sich um ein Direktmandat im Wahlkreis Köln 3.

Engagement in einem Rüstungslobbyverein

Seit längerem engagiert sich die CDU-Politikerin auch außerhalb des Parlaments im Bereich Verteidigungspolitik. Manderla ist Vize-Präsidentin des Lobbyvereins Deutsche Gesellschaft für Wehrtechnik (DWT), in dem sich Politik, Rüstungsindustrie und Streitkräfte organisiert haben. Der Verein, dessen Gremien auch der Airbus-Lobbyist als Vorstandsmitglied angehört, veranstaltet parlamentarische Abende und führt nach eigenen Angaben wissenschaftliche Mitarbeiter:innen von Bundestagsabgeordneten mit "Experten" zusammen

Bei internen Veranstaltungen der DWT ging es in der Vergangenheit auch um Rüstungsprojekte der Bundeswehr. Nach Angaben des Fachblatts "Behörden Spiegel" habe Manderla im Mai bei einer Präsidiumssitzung vorgetragen, "welche Beschaffungen noch in diesem Jahr bewilligt werden sollen". Dabei soll es auch um den Kauf neuer Seefernaufklärer durch die Bundeswehr gegangen sein. Für den Milliarden-Auftrag waren – zumindest zeitweise – auch Flugzeuge von Airbus im Gespräch.

Interessenkonflikte bestreitet die Politikerin

Manderla ließ über den Anwalt mitteilen, dass sie im Rahmen ihrer Tätigkeit im Verteidigungsausschuss mit den Themen Beschaffung und Vergabe von Rüstungsgütern überhaupt nicht in Berührung käme. Mögliche Interessenkonflikte bestreitet die Politikerin energisch. Ihre Mitarbeiterin habe zu keinem Zeitpunkt jemals irgendwelche vertraulichen Ausschussunterlagen eingesehen, dies sei für Mitarbeiter:innen im Übrigen auch nur unter speziellen Voraussetzungen denkbar. Der Ehemann habe mit der Anstellung der Mitarbeiterin nichts zu tun und auf das Bewerbungsverfahren in keiner Form Einfluss genommen oder das auch nur versucht. Ein Lobbyvorwurf sei allein schon aufgrund der zeitlichen Abfolge nicht verständlich. 

Keine öffentliche Antwort gab Manderla auf die Frage, wann und wie sie und der Rüstungslobbyist sich kennengelernt haben. Der heutige Airbus-Manager war lange Zeit selbst in einem Bundestagsbüro tätig gewesen, wie in seinem Profil auf der Plattform Xing nachzulesen ist. Demnach arbeitete er von 2011 bis 2016 als Büroleiter und Referent für Verteidigung bei einem CDU-Abgeordneten und Mitglied im Bundestagsausschuss für Verteidigung.

In dem geheim tagenden Verteidigungsausschuss sitzt seit einiger Zeit übrigens auch ein langjähriger Airbus-Mann. Der AfD-Abgeordnete Gerold Otten arbeitete vor seinem Einzug in den Bundestag 2017 mehr als zwanzig Jahre für Airbus Defense and Space. Als Vertriebsleiter war er unter anderem für den Verkauf des Eurofighters zuständig

Nachtrag:

Bei der Bundestagswahl am 26. September 2021 ist Gisela Manderla nicht in den Bundestag gewählt worden. Im Wahlkreis Köln 3 erhielt die CDU-Politikerin 18,6 Prozent der Erststimmen und landete auf Platz 3. Auf der CDU-Landesliste stand Manderla auf Platz 26, der nicht zum Einzug in den Bundestag reichte.

Vorkommende Politiker:innen

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Kommentare

Antwort auf von Günther Von Schenckendorff

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Verwandtenaffäre, Maskendeals, Versorgung mit offiziellen Posten (trotz mangelnder Qualifikation), geklauter Doktor, wofür noch alles steht die CDU/CSU. Man lese das Buch "Macht und Missbrauch" von Wilhelm Schlötterer, welches so manches in der CSU Geschehene in der Ägide Franz-Josef-Strauss aufzeigt. Man denke an die Spendenaffäre, in die u.a. Kohl, Schäuble und weitere hochrangige CDU Politiker*innen verwickelt waren.
Aber der deutsche Michel bildet sich noch immer ein, dass diese Partei für "den Wohlstand" verantwortlich zeichnet. Richtig für den Wohlstand der "Amigos".
In Sachen Glaubwürdigkeit Umweltpolitik erinnere ich an den MP von NRW, Armin Laschet, der im Hambacher Forst - mittlerweile gerichtlich so entschieden - unrechtmässig die Klimaschützer entfernen liess.
Neue Köpfe braucht das Land. Auch Olaf Scholz ist kein neuer Kopf, man denke an seinen "Gedächtnisschwund".

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Es wird sich nichts verändern. Warum/wie auch? Wir haben als Wähler doch keine Chance was zu wählen, was keinen Dreck am Stecken hat.

Antwort auf von Toni Bärk

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Doch haben Sie. Suchen sie sich eine aus:
Die Grünen, Die Linke, Die Piraten, Volt, Die Partei die PARTEI.

Sie könnten sogar geschmacklos Faschisten wählen, die sich "Alternative" oder "dritter Weg" nennen.

Antwort auf von Wolfgang Faas

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Sicher, Herr Faas, fasischtisch, wie Sie schreiben, ist die vom Intellekt geprägte AfD nicht. Jedoch durch und durch faschistisch.

Antwort auf von Wolfgang Faas

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Die AfD hat ein lebensfähiges, kompetetentes und leistungsfähiges Potential an Fachleuten, die von ihrer Arbeit in anspruchsvollen Berufen gelebt und bis vor Kurzem gearbeitet haben, keine Studienabbrecher, keine sesself... Parteianhänger , die sich ihr Mandat über ihre Partei "erdient" haben. Wer Sachverstand hat, kann auch verantwortliche Politik machen, und muss nicht "Parteiprogramme" nachplappern.

Antwort auf von Wolfgang Faas

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"Kennen Sie deren [=AfD] Programm? Was ist daran fasischtisch?"

Ob das *Programm* der AfD faschistisch ist, weiß ich nicht. Aber ihr Auftreten ist es:

* Keine Partei operiert mit so vielen Lügen wie die AfD. Etwa in Zusammenhang it der Flüchtlingskrise.

* Die werden meist dazu benutzt, das Land zu spalten. Beispielsweise Weidel auf der letzten Kundgebung: Die Coronamaßnahmen, seien grundgesetzwidrig, weil die Grundrechte einschränken. Ja, es werden Grundrechte eingeschränkt, aber das ist mit dem GG vereinbar, weil dadurch ein höheren Grundrecht, das Recht auf Leben und Gesundheit, geschützt wird.

* Nicht nur andere Parteien, auch andere Gegner werden kriminalisiert, etwa die "Lügen"-Presse, wenn sie die Lügen der AfD aufdeckt. Am Umgang der AfD mit den Medien kann man jetzt schon sehen, wie die Pressefreiheit (und wahrscheinlich am Ende die Meinungsfreiheit) eingeschränkt werden wird, sollte diese Partei jemals dei Möglichkeit erhalten, dies zu tun.

* Namhafte Mitglieder (z.B. Höcke) sind offen faschistisch, und in dr Geschichte der Partei hat sich in Machtkämpfens tets der rechte Flügel durchgesetzt. Ich sehe kein Anzeichen dafür, dass sich das in Zukunft ändern würde.

* Die AfD hat offensichtliche keine Berührungsängste mit Leute, die rechst von ihr stehen, und rechts von ihr sind durchwegs Faschisten und Neonazis (Reaktionäre sind programmatisch wie die AfD oder sogar etwas links davon).

* Mit dazu passt, dass die Steuermaßnahmen fast durchweg so sind, dass vor allem die einkommenstarken Personen davon profitieren (Freibeträge, Steuersätze). Das ist natürlich für sich allein kein Grund, von Faschismus zu reden (die FDP ist ja noch stärker so drauf), aber es rundet das Bild ab.

Wer diese Lügenpartei verteidigt, ist entweder naiv oder selber zutiefst unehrlich. Von dem, was Lucke mal gegründet hat, ist ja praktisch nichts mehr geblieben.

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Es bestärkt meine Meinung immer mehr; Christdemokraten in die Opposition !

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Masken-Skandale, die Sendung Die Anstalt im Mai 2021 usw. usw. Es ist unerträglich was die CDU im Grunde darstellt. Das ging schon mit Adenauer nach Ende des 2. Weltkrieges los. Kaum zu glauben, das diese CDU so lange an der Macht war und für mich auch bitter, wie kritiklos große Teile des Wahlvolkes waren und zum Teil noch sind und dieser Partei hinterher laufen. Die CDU, das wäre jetzt mein Wunschtraum, bekommt am Sonntag die langverdiente Quittung, ab in die Opposition und dort für laaaange Zeit.

Antwort auf von Gerd Lange

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Zum Wohle des Deutschen Staates tut man doch so manches,aber für sich selber das meiste. Man sollte alle wegen Meineids vor Gericht stellen. Immunität als erstes Abschaffen,den es heist doch,vor dem Gesetz sind alle gleich.

Antwort auf von Dieter Lotze

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Das Motto der CDU/CSU-Politiker scheint nicht nur zu sein, es ist es: "Wenn jeder an sich denkt, ist an alle gedacht!"

Antwort auf von Dieter Lotze

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Vor Allem aber heißt es:
"Schaden vom deutschen Volk abwenden."
Leider können wir die Mandatsträger nicht verklagen.
Wir müssen sie schnell abwählen und hoffen das alles besser wird.
Für unsere Kinder und Enkel, für ein gesundes Leben auf einem gesunden Planeten.

Antwort auf von Gerd Lange

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Die Deutschen glauben an Frau Merkel. Sie sehen nicht die Politik dieser verkommenen Partei. Nichts schreckt die Wähler ab: Korruption, Abschiebungen, Waffenlieferungen…. Kriege…
Sehr sehr traurig in einem Land, dessen Geschichtsbewusstsein immer löchrig war, immer konservativ, wenn nicht reaktionär. Das schmerzt.

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Typisch CDU, wer die jetzt noch wählt, unterstützt Lobbyismus und Korruption

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Die CDU scheint keine Partei sondern eine mafiöse kriminelle Vereinigung zu sein. Es ist beschämend wie eine kleine Geld und Machtgeile Vereinigung die Steuerzahler ausplündert.
Anstand, Ehrgefühl, Achtung sind die natürlichen Feinde der CDU......und der CSU.......(und auch der FDP, denen fehlt es halt zur Zeit nur an Möglichkeiten.......)

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Es wird endlich Zeit, das die Lobbyarbeit im Bundestag und der Regierung restlos verboten wird. Wohin man sieht, wird gemauschelt und betrogen. Ob das Amphtor ist oder andere, die Bundestagsverwaltung macht gar nichts, obwohl genug Gerichtsurteile vorliegen. Da ist zu viel Vetternwirtschaft im Gange. Ich hoffe, das im neuen Bundestag viele der alten Köpfe abgewählt werden. Aber jeder will sich seine Taschen vollstopfen und Ehre und Anstand gibt es Kaum noch.

Antwort auf von Eike Poppenberg

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Wie soll das funktionieren? Mit Schäuble als Bundestagspräsident wurde doch der Bock zum Gärtner gemacht! Schäuble selbst weiß nur zu genau, weshalb er sich im Alter von 78 Jahren noch einmal um ein Bundestagsmandat bewirbt. Meine Hoffnung: Die stärkste Fraktion stellt traditionsgemäß den Bundestagspräsidenten - und das wird diesmal hoffentlich nicht die CDU/CSU sein. Es ist dringend an der Zeit, dass auch die Kontrolle von "Parteispenden" endlich in die Hände einer ehrenwerten und unbescholtenen Person gelangt.

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Gut, dass der Lasche sich ausdrücklich als "Kanzler des Vertrauens" bewirbt. Selten so - bitter - gelacht.

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