Öffentlichkeit unerwünscht: Wie sich Kommunalpolitiker gegen Bürgerfragen auf abgeordnetenwatch.de wehren

Manchmal fragt man sich, wo abgeordnetenwatch.de eigentlich am Dringendsten nötig ist. Im Bundestag? Den Landtagen? Dem EU-Parlament? Die Antwort dürfte lauten: In den Gemeinderäten und Kreistagen. Einigen Kommunalpolitikern ist an einem öffentlichen Frageportal nicht gelegen. Warum? Vier Beispiele.

von Martin Reyher, 16.06.2011

Nicht selten haben sich Kommunalpolitiker in ihren Stadt- und Gemeinderäten schon seit Jahrzehnten eingerichtet, Söhne erben das Mandat ihres Vaters, und der örtliche Bauunternehmer entscheidet als Ratsmitglied ganz selbstverständlich darüber mit, wer den Bauauftrag für die neue Turnhalle oder den Rathausanbau erhält. Es gibt viele Fragen, die man als Bürger gerne stellen möchte. Aus diesem Grund startet abgeordnetenwatch.de heute erstmals auch auf kommunaler Ebene. Denn bei den Entscheidungen, die von den Kommunalpolitikern vor Ort getroffen werden, geht es um Themen, die jeden von uns direkt betreffen: die Schließung von Kultureinrichtungen und Schwimmbädern, die öffentliche Strom- und Wasserversorgung, den ÖPNV und vieles mehr. Zahlreiche Kommunalpolitiker, die sich in den vergangenen Tagen bei uns gemeldet haben, freuen sich auf den Austausch mit den Bürgerinnen und Bürgern ihrer Stadt über das Internet - sie betrachten es als Chance. Zwei Ratsmitglieder sind spontan Fördermitglied geworden. Doch es gibt auch Verweigerer, denen an einem öffentlichen Frageportal nicht gelegen ist. Warum? Vier Beispiele:

 

Der Ratsherr: „Schutz meiner Daten“ Seine Mail an uns ist ohne Anrede und besteht aus einem einzigen Satz:

Ich bitte Sie, mit Hinweis auf den Schutz meiner Daten, eindringlich meine Daten von Ihrem Portal herunterzunehmen.

Man wüsste zu gern, an welcher Stelle der Datenschutz verletzt wird, wenn man den Kommunalpolitiker in einer deutschen Großstadt im Zusammenhang mit seinem Mandat im Internet aufführt?

 

Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende: „Bitte um Mitteilung, wer Sie rechtlich vertritt“

Zu der Veröffentlichung meiner Daten oder auch nur des Namens in Abgeordnetenwatch habe ich keine Zustimmung erteilt,

teilt uns die Ratsfrau und stellvertretende Fraktionsvorsitzende per Mail mit. Und:

Bitte entfernen Sie alle Angaben zu meiner Person unverzüglich aus Ihren Internetseiten und sonstigen Informationsmitteln. Bitte bestätigen Sie mir den Eingang meiner Aufforderung und dass Sie dieser nachkommen. Außerdem bitte ich Sie um Mitteilung, wer Sie rechtlich vertritt.

Kurz nach Eingang ihrer Mail übermittelt uns die Stadträtin aus der Landeshauptstadt ihre Botschaften sicherheitshalber auch noch einmal telefonisch. Dabei fehlt der Hinweis nicht, dass sie selbstverständlich nichts gegen Transparenz habe, ganz im Gegenteil: Wer zu ihr komme oder sie direkt anschreibe, erhalte auch eine Antwort. Dieses „Ja, aber“-Argument ist inzwischen wohlbekannt, doch auch beim hundertsten Mal klingt es vor allem nach einem: Ausrede. Warum nicht einfach mal Transparenz an den Tag legen und öffentliche Bürgerfragen öffentlich beantworten? Am Aufwand kann es nicht liegen, denn einem Bürger unter vier Augen zu antworten dauert nicht länger als auf öffentlichem Wege. Und überhaupt: Sollten nicht wir, das Volk und Souverän, darüber entscheiden, in welcher Form wir uns mit unseren Repräsentanten austauschen wollen?

 

Der Fraktionsgeschäftsführer: „abgeordnetenwatch.de für unsere Stadt - unglücklich“

Bei allem Verständnis für Transparenz (...) - wir halten den Start von AW für unsere Stadt für überaus unglücklich,

schreibt der Fraktionsgeschäftsführer. Seine Begründung:

Der Stadtrat ist eben leider kein klassisches Parlament und eben auch nicht Teil der Legislative wie es auf Landes-, Bundes- und Europäischer Ebene der Fall ist.

Formell stimmt das. Doch mit der Lebenswirklichkeit hat das nichts zu tun. Sind denn ausschließlich „Abgeordnete“ gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern rechenschaftspflichtig? Soll eine Mutter deswegen ihre Fragen zum Fehlen von Kita-Plätzen unterlassen, weil die Entscheidungsträger im örtlichen Rathaus „Stadträte“ sind und im formellen Sinn keine „Abgeordneten“, da sie keine Gesetze beschließen? Selbstverständlich hat auch der Fraktionsgeschäftsführer nichts gegen Öffentlichkeit, und schon gar nicht gegen das Internet: „Wir nutzen Facebook und Twitter rege für die Kommunikation“, schreibt er uns. „Bürgerinnen und Bürger können darüber öffentlich Kontakt mit uns aufnehmen.“ Soziale Netzwerke werden von Volksvertretern gerne als Feigenblatt für vermeintliche Transparenz genutzt. Gegenüber einer unabhängigen Plattform wie abgeordnetenwatch.de haben Facebook und Twitter für einen Politiker einen entscheidenen Vorteil: Sie behalten dort die Kontrolle über ihre Kommunikation. Oder anders ausgedrückt: Auf abgeordnetenwatch.de darf nicht der Politiker darüber entscheiden, mit welcher Frage sich ein Bürger an ihn wenden darf.

 

Der Bauunternehmer: „Will keine Mails voller Schrott“ Tagsüber führt er ein Bauunternehmen, abends engagiert er sich zum Wohle seiner Stadt im örtlichen Gemeinderat. Dagegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden. Doch öffentlich im Internet möchte der Kommunalpolitiker für Bürger nicht ansprechbar sein. Er wolle von uns künftig keine weiteren „Mails voller Schrott haben“, erklärt er am Telefon. Wer mit dem Ratsherrn Kontakt aufnehmen will, kann dies übrigens schon längst tun - er muss lediglich zum Telefon greifen und im "MedienCenter" der Partei anrufen:

 

 

14 Cent pro Minute aus dem deutschen Festnetz - so viel sollte es einem Bürger schon wert sein, um mit einem Kommunalpolitiker in Kontakt zu treten.

 

Vier Beispiele von vier verschiedenen Parteien aus vier verschiedenen Städten. Dass Bürger Politikern öffentlich Fragen stellen, ist offensichtlich noch nicht selbstverständlich. Demnächst können Sie dabei mithelfen, dass dies zur Selbstverständlichkeit wird und selbst abgeordnetenwatch.de für Ihren Stadtrat oder den Kreistag anlegen. Alle Informationen gibt es hier im Blog oder in unserem Newsletter. Bleiben Sie auf dem Laufenden über abgeordnetenwatch.de für Ihren Stadtrat und abonnieren Sie hier unseren Newsletter - natürlich kostenlos und jederzeit wieder abbestellbar.

 

Update von 15:00 Uhr: Tilo Kießling, Ratsmitglied aus Dresden, hat unten folgenden interessanten Kommentar gepostet:

Nun, ich bin hier als Dresdner Stadtrat eingetragen worden und darüber nicht sehr glücklich. Natürlich werde ich jede Frage nach bestem Wissen und Gewissen beantworten, und selbstverständlich sind die auf der Wahlbewerbung angegebenen persönlichen Daten öffentlich. Nur entsteht meines Erachtens durch die Einschaltung dieser “öffentlichen” Ebene Abgeordnetenwatch ein mehrfacher Bruch. So muss ich annehmen, die hier gestellten Fragen werden nicht nur der Fragen wegen sondern besonders wegen der ÖFFENTLICHEN Fragestellung gestellt. Das kann schon ein bedeutender Unterschied sein. Und selbstverständlich erkenne ich, dass ich nicht in einem persönlichen Gespräch mit einer Bürgerin oder einem Bürger agiere, wo mir ein Irrtum verziehen wird oder ich mir auch Zweifel leisten kann, sondern ich hier auf der öffentlichen Bühne antworte. Das wird ganz selbstverständlich meine Antwort beeinflussen. Es entsteht sozusagen eine Transparenz durch die Milchglasscheibe. Transparent wird ausschließlich, wer mich was fragt und wie meine Antwortfähigkeiten sind. Aber ist es denn das, was Bürgerinnen und Bürger wissen müssen, um wieder näher an die kommunale Politik heranzurücken?

In seinem Posting spricht Kießling die Bürgerinnen und Bürger direkt an. Eure Meinung?

 

 

Update vom 23.6.2011: Heute erhielten wir die folgende Mail von einem Ratsmitglied:

Die Befragung über Abgeordnetenwatch.de ist für mich eine hervorragende Möglichkeit in der Kommunalpolitik, die leider noch vorhandene Distanz zu den Bürgern zu verkürzen und auch das Mandat der Gemeinderäte zu stärken. Ich wünsche Ihrer Plattform auch für Villingen-Schwenningen eine sehr gute Resonanz und viele engagierte Fragen und Antworten.

 

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Kommentare

In eigener Sache: Warum Abgeordnetenwatch die Kommentar-Funktion abgeschaltet hat

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Die Macht der Bevölkerung besteht unter anderem nicht nur darin, Fragen auf Internetportalen wie z.B. Abgeordnetenwatch zu stellen, sondern auch darin, diejenigen Kommunalpolitiker nicht (!) mehr zu wählen, die sich diesem Vorgang verweigern.

Oder anders ausgedrückt: Es wäre doch schön sich vorzustellen, dass Sätze wie:

"Zu der Veröffentlichung meiner Daten oder auch nur des Namens in Abgeordnetenwatch habe ich keine Zustimmung erteilt. [...] Außerdem bitte ich Sie um Mitteilung, wer Sie rechtlich vertritt."

genauso schnell die Karriere eines Politikers oder einer Politikerin beenden würde, wie ein falscher Doktortitel.

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Wo hat denn Abgeordnetenwatch die Politikerdaten her? Doch nicht etwa von den frei zugänglichen und öffentlichen Websites der Kommunen, die brav alle Mandatsträger mit Adresse und Telefonnummer auflisten? Ihr Schlingel! ;-)

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Von den Politikern, die sich hier so vehement gegen Transparenz wehren, hat doch sicherlich jeder gegen die Vorratsdatenspeicherung gestimmt?

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Liebes Abgeordnetenwatchteam,

ich finde euer Angebot super und freue mich darüber, dass ihr euer Engagement vorantreibt und nun auch die Gemeinderäten, etc., zu mehr Transparenz zwingt, ich finde es jedoch schade, dass ihr euch von den ungenannten „Volks”-Vertretern einschüchtern lasst. Zu dem Fall, dass Mandatsträger nicht in Abgeordnetenwatch auftauchen wollen, wird es sicher noch weitere 1000 Male kommen. An dieser Stelle wünsche ich mir, dass Abgeordnetenwatch dort Rechtssicherheit herstellt und sich verklagen lässt. Da es kein Geheimnis sein kann und sein darf, wer in welchem Kreistag, Gemeinderat, etc. sitzt, welchen Ausschüssen er/sie angehört und da Abgeordnetenwatch Sorge dafür trägt, dass keine Beleidigungen etc. in dem Portal landen, kann ich mir kaum vorstellen, dass eine Klage der Mandatsträger Aussicht auf Erfog hätte, da es ja ein berechtigtes Interesse an der Transparenz der Politik gibt. Selbstverständlich kann man keinen Mandatsträger dazu zwingen, die Mails mit dem Hinweis auf eingegangene Fragen im Portal anzunehmen, gar auf die Bürgerfragen zu antworten, aber auch das Nichtbeantworten von Bürgerfragen hilft, die Wählbarkeit dieser Person abzuwägen.

Im Übrigen sollte Abgeordnetenwatch "aus Versehen” der jeweiligen Lokalpresse die Nachrichten der Mandatsträger und den Namen dieser zukommen lassen, damit diese darüber berichtet und diese Politiker unter Druck setzt. Auch sollte Abgeordnetenwatch beobachten, ob die Presse die zugespielten Nachrichten auch publiziert, denn anhand der Berichterstattung der Lokalpresse erkennt man auch, wie sehr die Presse mit den jeweiligen Parteien, Fraktionen, Funktionären, verbandelt ist.

Abgeordnetenwatch ist in einer durchaus guten Position, den wichtigsten Platz für Transparenz in der Politik in Deutschland einzunehmen, ihr müsst diese Position nur nutzen.

Mit freundlichem Gruß
Yacine Ghoggal

Antwort abgeordnetenwatch:
(Irgendwie haben wir Probleme, selbst Kommentare zu posten - sie werden einfach nicht dargestellt. Deswegen die Antwort an dieser Stelle):

Liebe Yacine Ghoggal,

keine Sorge, wir lassen uns selbstverständlich nicht einschüchtern. Es gibt dazu auch keinen Grund. Zwar kommt es mitunter vor, dass uns mit dem Anwalt gedroht wird (i.d. von ehemaligen Kandidaten, die nach einer Wahl ihr Profil gelöscht haben wollen (mehr: http://blog.abgeordnetenwatch.de/2011/04/01/wahlkampfgeschichten/) - in nicht einem einzigen Fall haben wir je von einem Anwalt gehört. Wogegen sollte er auch vorgehen? Die auf abgeordnetenwatch.de verwendeten Daten sind öffentlich (es sei denn, ein Politiker hat seinerseits Angaben hinzugefügt).

Vor ein paar Monaten hat der Landtag NRW ein Gutachten darüber erstellt, ob die Landtagsabgeordneten das Erstellen eines Profils auf abgeordnetenwatch.de verhindern bzw. dessen Löschung veranlassen können und ob Sie die öffentlich gestellten Fragen hinnehmen müssen. Ergebnis des Gutachtens: Es gibt keine Chance, dagegen vorzugehen (mehr: http://blog.abgeordnetenwatch.de/2010/11/25/landtagsgutachten-zu-abgeord...).

Zum Punkt mit den im Blogartikel aufgeführten Beispielen. Weiter unten habe ich einen Kommentar gepostet, der auch hier passt: "Die genannten Politiker sind beliebig gewählte Beispiele, zu denen sich noch einige andere hinzufügen ließen. Es geht gar nicht so sehr um die jeweilige Person, sondern um die leider noch immer vorhandene Abwehrhaltung bei allem, was Transparenz und Öffentlichkeit schaffen soll. Wir möchten dies hier an keiner bestimmten Person festmachen. Die Politiker werden sich von allein zu erkennen geben – mit den (Nicht)-Antworten auf die an sie gerichteten Fragen."

Viele Grüße
Martin Reyher (abgeordnetenwatch.de)

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Ich bin Mitglied des Gemeinderates des Dorfes Merdingen (bei Freiburg im Breisgau). Ich würde mich sehr über einen Eintrag auf AW freuen (was allerdings bei Dorfräten nicht so dolle viel Sinn macht) und mir ist selbstverständlich klar, dass Sie dazu nicht meine "Erlaubnis" brauchen.

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Wie kann sich denn jemand der in ein öffentliches Amt gewählt wurde darüber beschweren das ein Bürger erwähnt das ersterer in das öffentliche Amt gewählt wurde? Geisteskrank oder Witz? Das ergibt ja *überhaupt* keinen Sinn!

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Aus welchem Grund werden die Namen der vier betreffenden Personen, die schließlich in öffentlicher Funktion auftreten, nicht genannt? Ich fände eine namentliche Nennung nicht nur angemessen, sondern angesichts des offensichtlichen Interessenskonflikts zwischen der Ausübung einer öffentlichen Amtes und dem Streben nach Intransparenz gar erforderlich.

Viele Grüße und macht unbedingt weiterhin gute Arbeit
Peter Piksa

Antwort auf von Peter Piksa

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Die genannten Politiker sind beliebig gewählte Beispiele, zu denen sich noch einige andere hinzufügen ließen. Es geht gar nicht so sehr um die jeweilige Person, sondern um die leider noch immer vorhandene Abwehrhaltung bei allem, was Transparenz und Öffentlichkeit schaffen soll. Wir möchten dies hier an keiner bestimmten Person festmachen. Die Politiker werden sich von allein zu erkennen geben - mit den (Nicht)-Antworten auf die an sie gerichteten Fragen.

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Die Namen und Adressen der zur Wahl stehenden Personen stehen auf Listen, und diese sind öffentlich (zumindest in Hessen, ich denke aber auch in anderen demokratischen Staaten):
Hessisches Kommunalwahlgesetz (KWG) § 15 (4)
"Der Wahlleiter macht die zugelassenen Wahlvorschläge spätestens am achtundvierzigsten Tag vor der Wahl öffentlich bekannt ..."

Die dann Gewählten dort herauszusuchen ist trivial.

Und dazu nehmen wir das Bundesdatenschutzgesetz:
BDSG § 28 (1) "Das Erheben, Speichern, Verändern oder Übermitteln personenbezogener Daten oder ihre Nutzung als Mittel für die Erfüllung eigener Geschäftszwecke ist zulässig,
3.: "wenn die Daten allgemein zugänglich sind [...]"

Eine Beschwerde gegen die öffentliche Namensnennung von Abgeordneten ist also wirkungslos.

(Ich bin kein Anwalt, das stellt meine private Meinung dar und ist nichts sonst.)

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Nun, ich bin hier als Dresdner Stadtrat eingetragen worden und darüber nicht sehr glücklich. Natürlich werde ich jede Frage nach bestem Wissen und Gewissen beantworten, und selbstverständlich sind die auf der Wahlbewerbung angegebenen persönlichen Daten öffentlich. Nur entsteht meines Erachtens durch die Einschaltung dieser "öffentlichen" Ebene Abgeordnetenwatch ein mehrfacher Bruch. So muss ich annehmen, die hier gestellten Fragen werden nicht nur der Fragen wegen sondern besonders wegen der ÖFFENTLICHEN Fragestellung gestellt. Das kann schon ein bedeutender Unterschied sein. Und selbstverständlich erkenne ich, dass ich nicht in einem persönlichen Gespräch mit einer Bürgerin oder einem Bürger agiere, wo mir ein Irrtum verziehen wird oder ich mir auch Zweifel leisten kann, sondern ich hier auf der öffentlichen Bühne antworte. Das wird ganz selbstverständlich meine Antwort beeinflussen. Es entsteht sozusagen eine Transparenz durch die Milchglasscheibe. Transparent wird ausschließlich, wer mich was fragt und wie meine Antwortfähigkeiten sind. Aber ist es denn das, was Bürgerinnen und Bürger wissen müssen, um wieder näher an die kommunale Politik heranzurücken?

Antwort auf von Tilo Kießling

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Hallo.
Mir fehlt offen gesagt das Verständnis zu ihrem Kommentar, Herr Kießling:
Was macht es für einen Unterschied, ob man einem einzelnen Bürger etwas sagt, der es dann in die Welt hinaustragen könnte, oder ob man es gleich der ganzen Welt erzählt?

Sie geben hier offen zu, dass sie mit zweierlei Maß messen, je nachdem, ob sie mit einem Einzelnen Auge in Auge sprechen, oder ob sie öffentlich vor allen sprechen. Das zeugt meiner Meinung nach nicht gerade von polititscher Integrität.

Darüber hinaus wäre mir ein Politiker, der öffentlich Zweifel oder Irrtümer einräumt, um ein Vielfaches sympatischer als einer, der das nur einem ausgewählten Kreis gegenüber tut.

Antwort auf von Patrick Schulz

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Direkte Antwort an Patrick Schulz: in einem Gespräch mit Bürgerinnen und Bürgern kann ich auf Rückfragen eingehen und sicherstellen, dass der andere auch wirklich weiss, was ich meine. Spreche ich mit verschiedenen Personen, werde ich nicht durch die selbe Antwort erreichen, dass die Leute hinterher wissen, was ich meine, sondern durch spezifische Antworten. Muss ich hingegen eine Antwort für alle geben, dann fällt diese naturgemäß irrtumsminimierend und schadensbegrenzend aus. Sie wird dadurch nicht falsch, sondern unleserlicher, stereotyper oder polemischer, eben so, wie sich die "offizielle" Politik zu äußern pflegt.

Antwort auf von Patrick Schulz

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Herr Kießling,
vielen Dank für ihre Antwort, das hat mir etwas Klarheit verschafft.

Aber ist es nicht genau das, was wir hier machen? Sie haben ihrem Standpunkt individuell auf meinen Kommentar hin konkretisiert, sind auf mich eingegangen und haben mein Mißverständnis ausgeräumt, obwohl wir uns nicht Auge in Auge gegenüber stehen, sondern aus gut 100km Entfernung via Internet miteinander diskutieren, so dass jeder mitlesen kann. Wäre ein persönliches Gespräch anders verlaufen?

Antwort auf von Tilo Kießling

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Hallo Herr Kießling,

Man kann das ganze auch aus der Perspektive der Politiker sehen:
Ich sehe diese Plattform auch als gute Möglichkeit für Politiker sich dem Volk anzunähern. Gerade auf kommunaler Ebene (wo die meisten ehrenamtlich sind bzw. nebenher einen Vollzeitjob haben), hat man neben der vielen Arbeit als Kommunalpolitiker kaum die Zeit, sich den Bürgern, die man sonst nie trifft, "zu widmen". Und Abgeordnetenwatch bietet hier eine schnelle Lösung. Denn wie kann man denn als Kommunalpolitiker überhaupt "neue" Bürger auf sich aufmerksam machen? Das geht normalerweise nur mit unverhältnismäßig großem Aufwand, öffentlichen Veranstaltungen etc. Nur wer als Kommunalpolitiker daran sowieso kein Interesse hat und quasi nur für sich selbst bzw. für Partikular-/Klientelinteressen im Parlament sitzt, der will von Abgeordnetenwatch nichts wissen.

Gruß
S. Weisenbacher

Antwort auf von Tilo Kießling

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Ich bin Bürger ohne politisches Mandat und sehe Abgeordnetenwatch mit gemischten Gefühlen.

Vor Land- oder Bundestagswahlen ist es eine gute Gelegenheit sich über einzelne Abgeordnete zu informieren. Hier rechnet sich der Zeitvorteil für die Politiker: Eine Antwort wird von mehreren Bürgern gelesen.

Je kleiner der Wählerkreis wird, desto geringer wird auch dieser Zeitvorteil und damit relativieren sich die Nachteile. Einer der großen Nachteile ist der Verlust von Persönlichkeit, die zunehmende Anonymität und die damit verbundene Entfernung von Politik zur Bevölkerung. Ich kann hier nicht zwischen Politikern unterscheiden, die sich Zeit für mich und meine Probleme nehmen und denen, die hier nur die Fragen abarbeiten oder abarbeiten lassen. Da sind mir persönliche Gespräche bei Veranstaltungen oder ein Brief lieber.

Und wenn wir uns eingestehen müssen, dass selbst in der Kommunalpolitik die Politiker keine Zeit mehr für die Bürger haben und wir deshalb zeitsparende Internetlösungen brauchen, dann sollten wir unser Zeit- und Wertesystem hinterfragen.

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Hallo Herr Kießling,
Natürlich wird es Fragen geben, die gerade wegen ihrer öffentlichen Fragestellung gestellt werden. Der Vorteil ist aber, das jeder schauen kann, ob eine Frage, die ihn interessiert schon gestellt wurde. Ich denke, es wird eher eine Erleichterung sein, wenn eine Frage öffentlich beantwortet wurde, als hundertmal persönlich. Und Irrtümer passieren immer mal. Und wenn man dazu steht, wird einem das niemanden ankreiden. Und Zweifel können sie durchaus herausstellen. Vielleicht werden Sie nicht so antworten, wie im persönlichen Gespräch, aber andererseits werden Sie sicherlich mehr Wert auf eine "saubere" Antwort legen. Mir ist ein Politiker lieber, der eine spezifische Antwort gibt, auch durch eine Milchglasscheibe, als einer der nur Standardantworten aus dem Setzbaukasten verschickt, wie es mir jedes mal passiert, wenn ich einen Politiker persönlich anschreibe. Ich hoffe daher, das auch Sie mit der Eintragung glücklich werden können. Mit besten Grüßen.

Antwort auf von Alex Ebner

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"Aber ist es denn das, was Bürgerinnen und Bürger wissen müssen, um wieder näher an die kommunale Politik heranzurücken?"

Es ist ein Anfang. Sie dürfen gern noch auf weitere Arten Bürgernähe demonstrieren.

Mit freundlichen Grüßen
ein Bürger

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Ich finde das Angebot auch nur natürlich und finde, dass sich Mandatsträger, sollten sie Ihren Name hier nicht finden wollen, selbst ins Abseits stellen. Natürlich ist es eine andere Situation, wenn man mit einem Bürger in einem direkten Gespräch agiert, oder öffentlich auf einer Plattform mit vielen Lesern. Aber man sollte doch bedenken, dass Politik ÖFFENTLICH ist und man sich bei Beginn einer politischen Laufbahn selbst dazu entschieden hat, dass jede Meinung, die man vertritt auch vor breiter Leserschaft (kommunale Zeitungen) breit getreten werden können. Deshalb ist hier, wie auch auf der Straße natürlich erst einmal darüber nachzudenken, welche Antworten man gibt. Aber denkt man als Politiker nicht sowieso über sein öffentliches Profil nach?
Welche Auswirkungen Äußerungen wie "Zu der Veröffentlichung meiner Daten oder auch nur des Namens in Abgeordnetenwatch habe ich keine Zustimmung erteilt. [...] Außerdem bitte ich Sie um Mitteilung, wer Sie rechtlich vertritt.", auf das Ansehen der Internet affinen Bevölkerung hat, kann man wohl an einem Finger abzählen.

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Hallo Herr Kießling,
ich habe Ihre Äußerung mehrfach gelesen und dennoch den Sinn nicht verstanden. Wenn Sie erlauben, stelle ich meine Fragen konkret in dem von Ihnen veröffentlichten Posting:
"Nun, ich bin hier als Dresdner Stadtrat eingetragen worden und darüber nicht sehr glücklich."
Frage: Was macht Sie an öffentlicher Präsenz unglücklich?

"Natürlich werde ich jede Frage nach bestem Wissen und Gewissen beantworten, und selbstverständlich sind die auf der Wahlbewerbung angegebenen persönlichen Daten öffentlich."
Hinweis: Prima, dann ist ja alles auf einem guten Weg.

"Nur entsteht meines Erachtens durch die Einschaltung dieser “öffentlichen” Ebene Abgeordnetenwatch ein mehrfacher Bruch. So muss ich annehmen, die hier gestellten Fragen werden nicht nur der Fragen wegen sondern besonders wegen der ÖFFENTLICHEN Fragestellung gestellt. Das kann schon ein bedeutender Unterschied sein."
Frage: Ein Bruch, auch gleich mehrfach, inwiefern? Sie bekleiden ein öffentliches Amt. Ein Forum (oder auch ein Zeitungsinterview, eine Fernsehansprache oder auch nur ein Wahlplakat) dient der ÖFFENTLICHEN Information. Wozu sonst sollten Sie als Politiker Statements abgeben, wenn nicht, um die Öffentlichkeit über Ihre Meinungen und Absichten zu informieren? Oder würden Sie bei gleicher Fragestellung Bürger A im persönlichen Dialog eine andere Antwort geben, als Bürger B??

"Und selbstverständlich erkenne ich, dass ich nicht in einem persönlichen Gespräch mit einer Bürgerin oder einem Bürger agiere, wo mir ein Irrtum verziehen wird oder ich mir auch Zweifel leisten kann, sondern ich hier auf der öffentlichen Bühne antworte. Das wird ganz selbstverständlich meine Antwort beeinflussen."
Hnweis: Siehe oben. Irrtümer passieren und lassen sich aufklären, deswegen alleine sollte niemand mit einem öffentlichen Amt die Öffentlichkeit scheuen. Wer das tut, was er sagt und das erklärt, was er tut, wird keine solcher Abwägungen treffen müssen. Wer allerdings ein Thema persönlich ablehnt und gleichwohl aus Parteiräson dafür abstimmt, wird zurecht Erklärungsbedarf bekommen.

"Es entsteht sozusagen eine Transparenz durch die Milchglasscheibe. Transparent wird ausschließlich, wer mich was fragt und wie meine Antwortfähigkeiten sind."
Antwort: Herr Kießling, im Unterschied zu einem Live-Interview kann man sich bei einer Forumsantwort deutlich mehr Zeit nehmen. Ich stelle Ihre Antwortfähigkeiten ohnehin nicht infrage, aber da ist ein Forum sicherlich die einfacherere Bühne...

"Aber ist es denn das, was Bürgerinnen und Bürger wissen müssen, um wieder näher an die kommunale Politik heranzurücken?"
Antwort: Das weiß ich nicht, da es bisher diese Option so nicht gibt. Was spricht gegen den Versuch, auch auf diesem Wege mehr Nähe zum Wähler zu praktizieren? Welchen Weg würden Sie wählen, um näher am Bürger zu sein?

Für jetzt bin ich schon sehr erfreut, das Sie nicht so reagieren, wie einige andere kommunale Beispiele (siehe oben in der Nachricht): mit reiner Abwehr und subtiler Drohung. Ich möchte Sie ermutigen, diesen Schritt einfach zu gehen, die Jugend dieser Welt ist durchaus technikaffin....

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Zitat Tilo Kießling:

Nur entsteht meines Erachtens durch die Einschaltung dieser “öffentlichen” Ebene Abgeordnetenwatch ein mehrfacher Bruch. So muss ich annehmen, die hier gestellten Fragen werden nicht nur der Fragen wegen sondern besonders wegen der ÖFFENTLICHEN Fragestellung gestellt. Das kann schon ein bedeutender Unterschied sein.

Selbstverständlich werden besonders auch aufgrund der Möglichkeit einer für alle interessierten Bürger transparenten Fragestellung vermehrt Fragen gestellt. Daß Bürger ermutigt werden, für das Gemeinwohl einzutreten, indem sie das Handeln der verantwortlichen Politiker auf Konsistenz hin abklopfen, das ist der Sinn und Zweck von Transparenz.

Es bringt mich als Bürger, der am Gemeinwohl seiner Kommune interessiert ist, eben keinen Schritt weiter, wenn ich meinem Lokalpolitiker kritische Fragen nur dann stellen kann, wenn ich davon ausgehen muss, daß er die erzwungene Privatheit durch Herbeiführung eines nicht öffentlichen Gesprächs dazu nutzt, um seine Korruption anschließend unbehelligt weiter zu betreiben.

Genau das ist es nämlich, worum es hier geht: Wenn ein Politiker, der schließlich öffentliche Interessen vertreten soll, nicht bereit ist, sein politisches Handeln vor den Augen der Öffentlichkeit darzulegen, dann schwächt dies die öffentlichen Kontrollinstanzen in unzumutbarem Umfang. Dann nämlich ist die Möglichkeit zur Kontrolle ausgehebelt und die Politik ist zwangsläufig auf das niedrige Niveau einer Glaubensfrage gefallen.

Man muss sich fragen, was man will. Will man Kontrolle, oder will man (Leicht-)Gläubigkeit. Letzteres wird oftmals als "Vertrauen" verklausuliert. Doch merke: Vertrauen ist immer da, wo Sicherheit nicht ist.

Viele Grüße
Peter Piksa

Antwort auf von Peter Piksa

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Aber Herr Piksa: ihre Argumentation ist in zweifacher Hinsicht unlauter. Zum eine bringen Sie persönliche Gespräche in Korruptionsnähe, zum anderen tun sie so, als ob Abgeordnetenwatch die einzige öffebtliche Kontrollmöglichkeit sei und es daneben nur "erzwungene" private Gespräche gebe.

Natürlich stehen Kommunalpolitiker im Licht der Öffentlichkeit, und zwar meines Erachtens sogar mehr als Bundes- oder Landespolitiker. Was ich bezweifle ist der spezifische Vorteil einer Frage- und Antwortplattform, bei der gesellschaftlicher Diskurs und politische Meinungsbildung mit überhöhtem Anspruch und in der Realität verkürzend widergespiegelt werden. Im Gegenteil: Die Behauptung, Politiker müssten "beobachtet" werden ohne Reflexion ihrer realen Gestaltungsmöglichkeiten und Spielräume und ohne ausreichende Möglichkeit der Darstellung der komplexen Formen besonders kommunalpolitischer Willensbildung ist eigentlich demokratiefeindlich.

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Mit der Position von Herrn Kießlich habe ich sehr viel Sympathie. Aus der Verbandsarbeit kenne ich die Problematik zu gut und mit einem Projekt à la Abgeordnetenwatch haben wir keine gute Erfahrungen gemacht. Die Bundesvorsitzenden haben versucht, in einem Forum Rede und Antwort zu stehen, der Transparenz wegen. Dabei ergaben sich zwei wesentliche Probleme, beide eher ökonomischer Natur: Zu wenig Zeit und zu einseitige Beteiligung. Unsere Vorsitzenden sind ehrenamtlich aktiv, um allen Anfragen gerecht zu werden, hätten sie sehr viel Zeit pro Tag investieren müssen, um bei den Diskussionen auf dem aktuellsten Stand zu bleiben, noch länger wenn bestimmte Zahlen, Daten, Fakten erfragt wurden. Das war in unserem Rahmen nicht zu leisten.
Ferner konnte festgestellt werden, daß nur ein Bruchteil der Mitglieder sich an der Diskussion beteiligten, was immer ein einseitiges Meiinungsbild ergab. Die Überfünfzigjährigen - und das ist der Großteil der Mitglieder - kamen nicht vor.
Am desaströseten war aber die Art der Fragestellung. Die Fragen zielten in der Regel darauf ab, eine bestimmte Antwort zu erzielen, auf die man sich später quasi als "Wahlvesprechen" berufen wollte. Waren die Antworten nicht "klar" genug, wurde nicht nur nachgehakt, sondern im gleichem Atemzug Korruption und Verschleierung vorgeworfen. Oft stritt man um Wortlaute oder warf Grundsatzdebatten auf, die akademische Ausmaße annahmen. Das führte dazu, daß eben kein offener Dialog mehr möglich war sondern nur noch milchgläserne Kommunikation.

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Hallo Herr Kießling,

entspannen Sie sich!

Alex Ebner, Peter Piksa und Thor sind auf die - vorhandene - Sinnhaftigkeit von abgeordnetenwatch auf Kommunalebene ausführlich eingegangen.

Neben dem Vorteil der Transparenz durch Öffentlichkeit hat mensch als Politiker den Vorteil, dass nicht immer dieselben bzw. ähnliche Fragen an Einzelpersonen beantwortet werden müssen.

Was passiert aber, wenn Ihnen über abgeordnetenwatch viele ähnliche Fragen zu ein und demselben Thema gestellt werden? So etwas ist bei anderen PolitikerInnen auf Bundestagsebene wiederholt vorgekommen.

Keine Angst! Dann nämlich greift das Moderatorenteam steuernd ein und begrenzt die Anzahl mit dem Hinweis an die FragestellerIn auf die schon veröffentlichten Fragen. Mir ist das schon mehrfach passiert.

Also auch hier eine deutliche Arbeitserleichterung für Sie. ...und für diesen Service haben Sie nicht einen Cent dazubezahlt.

Also erfreuen Sie sich der neuen Dinge, die da kommen werden und nutzen die gewonnene Zeit für NOCH mehr Bürgernähe!

Viele Grüße,

Manfred Bensel

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Zitat Tilo Kießling:

Aber Herr Piksa: ihre Argumentation ist in zweifacher Hinsicht unlauter. Zum eine bringen Sie persönliche Gespräche in Korruptionsnähe, zum anderen tun sie so, als ob Abgeordnetenwatch die einzige öffebtliche Kontrollmöglichkeit sei und es daneben nur “erzwungene” private Gespräche gebe.

Ich habe vielmehr den Eindruck, daß Sie mich aufgrund ihrer augenscheinlich generellen Ablehnung gegenüber Abgeordnetenwatch bewusst missverstehen. Ich sage nicht, daß persönliche Gespräche erzwungener Maßen etwas mit Korruption zu tun haben. Ich sage aber sehr wohl, daß persönliche Gespräche Korruption begünstigen, wenn der betreffende Politiker korrupt ist. Dieses Szenario ist nämlich der Benchmark für die Frage, wie durchsetzungsfähig die öffentlichen Kontrollinstanzen sind. Es ist nicht so, daß jeder Politiker unter einem Generalverdacht steht. Es muss aber zu jedem Zeitpunkt möglich sein sein Handeln auf Konsistenz hin abzuklopfen.

Zitat Tilo Kießling:

Was ich bezweifle ist der spezifische Vorteil einer Frage- und Antwortplattform, bei der gesellschaftlicher Diskurs und politische Meinungsbildung mit überhöhtem Anspruch und in der Realität verkürzend widergespiegelt werden.

Worin besteht Ihrer Meinung nach dieser "erhöhte Anspruch" - ich fürchte, ich kann hier nicht ganz folgen.

Zitat Tilo Kießling:

Die Behauptung, Politiker müssten “beobachtet” werden ohne Reflexion ihrer realen Gestaltungsmöglichkeiten und Spielräume und ohne ausreichende Möglichkeit der Darstellung der komplexen Formen besonders kommunalpolitischer Willensbildung ist eigentlich demokratiefeindlich.

Diejenigen, die sich für Transparenz einsetzen, wollen einem aufrichtem Politiker doch nichts Böses. Im Gegenteil: Wenn ein Politiker aufrichtig ist, werden Plattformen wie die Abgeordnetenwatch helfen, genau das sichtbar zu machen. Der Politiker wird also glaubwürdiger. Im umgekehrten Fall wird ein unglaubwürdiger Politiker natürlich seiner Unglaubwürdigkeit leichter überführt. Ich wüsste nicht, was daran demokratiefeindlich sein soll.

Viele Grüße
Peter Piksa

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[@Martin Reyher: Diese Antwort bitte DIREKT unter "Tilo Kießling sagt: 17. Juni 2011 um 14:49" als direkte Antwort stellen, Danke!]

Hallo Herr Kießling,

ich verstehe Ihr Problem nicht so ganz: abgeordnetenwatch hat meines Wissens nie vorgehabt, das direkte Bürgergespräch zu ersetzen, sondern u. A. die Kommunikationsmöglichkeit zwischen politisch interessierten BürgerInnen und PolitikerInnen zu ergänzen und zu erweitern. Das heißt: Es ist lediglich ein neuer Kommunikationskanal hinzugekommen.

Jeder Kommunikationskanal erfordert (und ermöglicht) eine bestimmte Art der Kommunikation. In den letzten Jahren sind diese verschiedenen Möglichkeiten von vielen PolitikerInnen genutzt worden: Ob private Bürgersprechstunden, Veranstaltungen zu bestimmten Themen, Homepages, Telefonaktionen, Fax, SMS, facebook, twitter... Sie selbst haben eine Homepage, stellen sich also freiwillig der Öffentlichkeit.

Mein Eindruck ist, dass Sie versuchen, die Kommunikationsform für ein persönliches Bürgergespräch auf eine online-Fragestellung zu pressen. Sie führen als Argument die fehlende Rückfragemöglichkeit an. Glauben Sie mir, die FragestellerInnen sind sich dieses Fehlens bewusst und formulieren ihre Fragen entsprechend.

Ihrer Angst, dass dann die Antworten "unleserlicher, stereotyper oder polemischer" würden, kann ich nur entgegnen, dass Kernaussagen auch für die Allgemeinheit klar und präzise formuliert werden können. Es liegt an Ihnen, dies zu tun. Die Möglichkeit dazu haben Sie jetzt. Nutzen Sie sie!

Gruß,

Manfred Bensel