#GläserneGesetze: Ministerien bereiten Veröffentlichung von tausenden Lobbypapieren vor

Als Reaktion auf unsere Transparenzaktion #GläserneGesetze kündigte die Bundesregierung im Juli die Offenlegung von tausenden Lobbypapieren an. Nun kommt Bewegung in die Sache: Die Ministerien haben betroffene Unternehmen und Verbände über die anstehende Veröffentlichung informiert und ihnen die Möglichkeit zum Widerspruch gegeben. Doch verhindern können Lobbyisten eine Herausgabe ihrer Stellungnahmen wohl kaum.

von Martin Reyher, 24.08.2017
Symbolfoto Transparenzaktion "Gläserne Gesetze"

In den vergangenen Wochen haben hunderte Unternehmen und Verbände Post von den Bundesministerien bekommen. Man beabsichtige, ihre Stellungnahmen zu Gesetzentwürfen der laufenden Legislaturperiode transparent zu machen, heißt es in den Schreiben. Wer mit der Veröffentlichung nicht einverstanden sei, möge doch bitte bis zu einem bestimmten Datum widersprechen. Das Bundesfinanzministerium setzte als Frist den morgigen Freitag (25. August), das Innenministerium gab den Betroffenen noch bis zum 6. September Zeit.

Während sich Parteien und Politiker gerade im Wahlkampfmodus befinden, bereitet man in der Bundesregierung die Veröffentlichung von tausenden Lobbypapieren vor. Das hatten die allermeisten Ministerien lange zu verhindern versucht – bis sie sich im Juni mit über 1.600 Anträgen auf Herausgabe einzelner Dokumente konfrontiert sahen. Diese stammten von Bürgerinnen und Bürgern, die einem Aufruf von abgeordnetenwatch.de und fragdenstaat.de im Rahmen der Transparenzaktion #GläserneGesetze gefolgt waren.

Um die auf Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) gestellten Anträge nicht einzeln abarbeiten zu müssen entschieden die Ministerien, sämtliche Stellungnahmen sowie die Referentenentwürfe von sich aus online zu stellen. Dabei geht es um bis zu 17.000 Dokumente aus der laufenden Legislaturperiode.

"... bis spätestens September"

Ein Sprecher des Umweltministeriums erklärte jetzt auf abgeordnetenwatch.de-Anfrage, alle entsprechenden Unterlagen würden „sukzessive auf bmub.bund.de bis spätestens September veröffentlicht.“ Aus dem Bildungsressort hieß es, dass man „derzeit die Veröffentlichung der Referentenentwürfe und Verbandsstellungnahmen auf der Homepage vorbereitet.“

Im Internetauftritt des Bundesverteidigungsministeriums ist immerhin schon eine Unterseite zu finden, auf der bereits Referentenentwürfe eingestellt sind, Stellungnahmen von Verbänden und Unternehmen fehlen aber noch. „Die Umsetzung der Kampagne Gläserne Gesetze ist auch im BMVg angelaufen und wird stetig aktualisiert“, teilte eine Sprecherin mit.

Wenn alle Bundesministerien in den nächsten Wochen die Dokumente ins Netz gestellt haben, kann sich die Öffentlichkeit erstmals ein umfassendes Bild davon machen, welche Anregungen Verbände und Unternehmen zu einzelnen Gesetzesvorhaben der Bundesregierung in den letzten vier Jahren gemacht haben – und ob diese womöglich Eingang in Gesetze gefunden haben.

Notfalls müssen Gerichte bemüht werden

Doch nicht alle haben ein Interesse daran, dass ihre Wünsche an die Bundesregierung öffentlich werden sollen. Als ein Bürger kürzlich auf Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes das Wirtschaftsministerium um Übersendung der Stellungnahmen zur Abschaffung des sog. Routerzwangs bat, stellte sich ein Lobbyakteur quer: Der Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI) habe „einer Veröffentlichung nicht zugestimmt“, teilte das Ministerium dem Antragsteller mit.

Dass Lobbyisten die Herausgabe ihrer Stellungnahmen am Ende verhindern können, ist jedoch eher unwahrscheinlich. Eine Rechtseinschätzung des Bundesverkehrsministeriums kommt zu dem Ergebnis, „dass im Regelfall keine Gründe ersichtlich sind, die einer Freigabe entgegenstehen könnten“, lässt ein Beamter in einem Schreiben vom 12. August die Verbände und Unternehmen schon einmal vorsorglich wissen. Und weiter: „Weder dürfte geistiges Eigentum an den Stellungnahmen bestehen, noch dürften sie im Regelfall Betriebs- bzw. Geschäftsgeheimnisse im Sinne von § 6 IFG enthalten. Insbesondere im Falle eines Antrags auf Zugang zu der/den Stellungnahme(n) nach dem Informationsfreiheitsgesetz des Bundes (lFG) wäre daher - jedenfalls für abgeschlossene Vorhaben wie hier - regelmäßig zugunsten einer Freigabe zu entscheiden."

In den nächsten Wochen wird sich zeigen, ob weitere Verbände und Unternehmen einer Veröffentlichung widersprechen – und wie die Ministerien damit umgehen. Sollte diese einzelne Lobbyisten-Stellungnahmen zurückhalten, könnte das am Ende auf eine Klärung vor Gericht hinauslaufen.

 

Da die Bundesregierung die Stellungnahmen und Referentenentwürfe nicht zentral sondern auf den Internetseiten der einzelnen Ministerien veröffentlichen werden, werden wir sämtliche Dokumente unter stellungnah.me zusammentragen.

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