Foto Landtag RLP

Abgeordnete in Rheinland-Pfalz beschließen deutliche Erhöhung von Diäten und Fraktionsetats

In Rheinland-Pfalz haben SPD, CDU, FDP und Grüne die Abgeordnetendiäten bis 2020 um insgesamt 1.000 Euro pro Monat erhöht, um auf dieselbe Bezahlung wie Oberstudiendirektoren und Bürgermeister zu kommen. Die Fraktionen erhalten ebenfalls mehr Geld. Auf den ersten Blick klingt das nachvollziehbar, auf den zweiten jedoch nicht. Unsere Bewertung.

von Redaktion abgeordnetenwatch.de, 24.03.2017

Das wurde beschlossen:

5.812 Euro erhält derzeit ein Abgeordneter im rheinland-pfälzischen Landtag. Nun hat der Landtag die Diäten mit den Stimmen von SPD, CDU, Grünen und FDP deutlich angehoben, die AfD stimmte gegen den Antrag. Dadurch werden die Bezüge bis zum Jahr 2020 stufenweise an die Besoldungsgruppe A 16 des öffentlichen Dienstes angeglichen. Damit orientieren sich die Landtagsabgeordneten an den Bezügen von Oberstudienrektoren an Gymnasien und hauptamtlichen Bürgermeistern von Kommunen zwischen 10.001 und 15.000 Einwohnern.

Die vier Fraktionen begründen die Erhöhung und Anpassung an die Beamtenbesoldung unter anderem damit, dass die Entwicklung der Diäten in den letzten zwanzig Jahren hinter der allgemeinen Einkommensentwicklung zurückgeblieben sei. Heute erhielten die Parlamentarierinnen und Parlamentarier knapp 800 Euro weniger als Beamte der Besoldungsgruppe A16. Nach der stufenweisen Erhöhung würden ihre Diäten 2020 bei 6.829 Euro (brutto) pro Monat liegen. Dies sei auch deswegen gerechtfertigt, weil Abgeordnete Wahlkreise mit 45.000 bis 80.000 Wahlberechtigten verträten und damit eine vergleichbare Verantwortung übernähmen wie Bürgermeister in kleineren Kommunen.

Ab 2019 sollen die Politikerinnen und Politiker auch nicht mehr selbst die Höhe ihrer Diäten festlegen. Diese werden sich dann nach der durchschnittlichen allgemeinen Verdienstentwicklung (Verdienstindex) richten: Steigt der Verdienst der Bürgerinnen und Bürger, erhöhen sich in gleicher Weise auch die Abgeordnetendiäten. Diese automatische Koppelung gibt es auch im Bundestag.

Neben den Diäten beschlossen SPD, CDU, Grüne und FDP auch eine deutliche Erhöhung der Fraktionsetats. In diesem Jahr erhalten die Fraktionen zusammen insgesamt 340.000 Euro mehr, 2018 dann noch einmal zusätzlich 180.000 Euro. Begründet wird die Erhöhung mit den gesteigerten Kosten der Fraktionen, u.a. durch Lohnsteigerungen für die Fraktionsmitarbeiter.

Unsere Bewertung:

Es steht außer Frage, dass Parlamentarierinnen und Parlamentarier angemessen entlohnt werden sollen. Das Abgeordnetenmandat ist eine Vollzeittätigkeit mit oftmals 70 oder mehr Wochenstunden. Rechnet man die Monatsdiät von 6.812 Euro (ab 2020) auf eine Stunde herunter, liegen die rheinland-pfälzischen Landtagsabgeordneten bei rund 24 Euro brutto pro Stunde – das ist eine ordentliche Bezahlung, aber damit sind sie ganz sicher nicht überbezahlt. Doch gerade weil die Abgeordneten in Rheinland-Pfalz (genau wie im Bundestag und anderen Landesparlamenten) anständig vergütet werden, damit sie sich auf ihr Mandat konzentrieren können, müssen wir endlich eine öffentliche Diskussion darüber führen, ob Nebentätigkeiten nicht verboten werden sollten.

Dass die rheinland-pfälzischen Landtagsabgeordneten auch in Zukunft darüber abstimmen müssen, wenn sie ihre Diäten erhöhen wollen, ist gut und richtig. Sie hätten es sich einfach machen können wie etwa der Bundestag, wo die Bezüge automatisch und ohne parlamentarische Abstimmung steigen. So entziehen sich die Bundestagsabgeordneten einer öffentlichen Debatte, in der sie die Notwendigkeit von höheren Bezügen begründen müssen. Allerdings ist in Rheinland-Pfalz unklar, ob eine Diätenerhöhung im Plenum debattiert werden muss oder ob eine Abstimmung ohne Aussprache durchgeführt wird.

Dass SPD, CDU, Grüne und FDP auch ihre Fraktionsetats erhöhen, ist auf den ersten Blick nachvollziehbar, schließlich sollen Fraktionsmitarbeiter ebenfalls Gehaltserhöhungen erhalten, und auch Zeitungen, Porto und andere Anschaffungen werden immer teurer.  Doch auf den zweiten Blick ist die Erhöhung der Fraktionsgelder aber nicht mehr so verständlich. Denn aus den Etats werden auch wieder einzelne Abgeordnete bezahlt: Für ihre Posten in der Fraktion erhalten sie eine Vergütung, sogenannte Funktionszulagen – doch diese sind nach Auffassung von Verfassungsrechtlern und Rechnungshöfen in den meisten Fällen verfassungswidrig.

Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2000 verstoßen Funktionszulagen „gegen die Freiheit des Mandats und den Grundsatz der Gleichbehandlung der Abgeordneten. Entschädigungen für stellvertretende Fraktionsvorsitzende, für parlamentarische Geschäftsführer, Ausschussvorsitzende, Obleute und fachpolitische Sprecher seien „mit dem Verfassungsrecht unvereinbar“. Das Urteil bezog sich auf den Landtag Thüringen, doch es ist laut Verfassungsrechtlern grundsätzlich anwendbar (mehr zum Thema: Abgeordnete kassieren Millionen-Zulagen – doch die sind intransparent und verfassungswidrig)

Nach Recherchen des Politmagazins Report Mainz (SWR) belaufen sich die aus den Fraktionsetats bezahlten Zulagen an die rheinland-pfälzischen Landtagsabgeordneten auf insgesamt rund 437.000 Euro pro Jahr. Davon seien 284.000 Euro als "rechtlich fragwürdig" einzustufen. Würde deren Auszahlung gestoppt, könnte eine Erhöhung der Fraktionsgelder sehr viel geringer ausfallen.


Jasmin Behrends, Anna Gleiser, Martin Reyher
 


Zur Diätenerhöhung in Rheinland-Pfalz hat unser Kollege Roman Ebener dem SWR ein Interview gegeben.

Anmerkung der Redaktion: Die ursprüngliche Version dieses Artikels wurde vor der Parlamentsabstimmung veröffentlicht und informierte über die gepalnte Erhöhung der Diäten sowie des Fraktionsetats. Nach dem Beschluss des Landtags vom 24. März haben wir den Text diesbezgl. aktualisiert.

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