90.000 Euro von RWE: Wie abgeordnetenwatch.de-Recherchen einen Politiker in Erklärungsnot bringen

Die Lokalpresse bezeichnet ihn als „Diener zweier Herren“, es hagelt Leserbriefe, und selbst Parteifreunde sind entsetzt: Ein abgeordnetenwatch.de-Bericht zu seiner hochbezahlten Nebentätigkeit bei einer RWE-Tochter hat den NRW-Landtagsabgeordneten Gregor Golland in arge Erklärungsnot gebracht. Anstatt zu den vielen offenen Fragen Stellung zu nehmen, geht der CDU-Politiker in Deckung - und belehrt Journalisten.

von Martin Reyher, 15.02.2017

Warum er einem Teilzeitjob in der Wirtschaft nachgeht, dafür hat der Landtagsabgeordnete Gregor Golland eine einfache Erklärung: „So bewahre ich mir Bodenhaftung und Bürgernähe,“ sagte er einmal der Kölnischen Rundschau.

Nun hat eben diese Nebentätigkeit den CDU-Politiker in arge Bedrängnis gebracht. Seit abgeordnetenwatch.de im Dezember berichtete, dass Golland allein mit seinem RWE-Job zwischen 90.000 und 120.000 Euro pro Jahr verdient und damit zu den Spitzenverdienern im NRW-Landtag gehört, reißt die Kritik nicht ab.

Der Kölner Stadtanzeiger überschrieb einen Kommentar mit „Diener zweier Herren – Interessenkonflikte im Kreishaus“. Auch in den Leserbriefspalten ging es hoch her. Ein Bürger schrieb zur Causa Golland: „Er verschaukelt Wähler und missbraucht die Demokratie, um heftig in die eigene Tasche zu wirtschaften, was so wiederum nur gelingen kann, wenn sich seine Lobbyarbeit für seinen Arbeitgeber RWE auch bezahlt macht. Wie denn sonst bei diesem fürstlichen Salär für einen angeblichen Halbtagsjob ohne nähere Beschreibung des Aufgabenbereichs?“

"Herr Golland trägt zu Politikverdrossenheit bei"

Zu Wort meldeten sich ebenfalls Parteifreunde des CDU-Politikers. Der frühere Landtagsabgeordnete Lothar Theodor Lemper, langjähriger Kreistagsfraktionsvorsitzender der CDU in Gollands politischer Heimat Rhein-Erft-Kreis, ließ öffentlich wissen: „Herr Golland trägt dazu bei, dass die Politikverdrossenheit immer größer wird und die Glaubwürdigkeit der Politik immer mehr abnimmt. Entweder RWE oder Landtag – beides zusammen geht nicht.“ Lemper mutmaßt, dass sich Gollands hochbezahlter Teilzeitjob für RWE „im Wesentlichen in einer Interessensvertretung auf den politischen Ebenen erschöpft“. Den Zahlungen könne keine angemessene Arbeitsleistung des CDU-Abgeordneten gegenüberstehen, „es sei denn, dass er sie als Subventionierung von Lobbyisten-Tätigkeit versteht“.

Letzten Mittwoch nahmen sich dann auch die Aachener Nachrichten dem umstrittenen RWE-Job an. Während Golland im NRW-Landtag die rot-grüne Landesregierung gerne mit parlamentarischen Anfragen piesacke, halte er in eigener Sache nur wenig von Transparenz, schrieb das Blatt: „Als sich abgeordnetenwatch dafür interessierte, wie der 42-jährige Christdemokrat noch Zeit dafür findet neben seinem Parlamentsmandat einen geregelten Beruf auszuüben, ging der Politiker auf Tauchstation,“ heißt es in dem ausführlichen Artikel mit Verweis auf einen abgeordnetenwatch.de-Bericht aus dem Januar. „Mehrere Anfragen zu seiner Tätigkeit als Abteilungsleiter bei der RWE-Tochter innogy SE beantwortete er mit hartnäckigem Schweigen.“

RWE wegen offensiver Lobbyarbeit in den Schlagzeilen

RWE unterhält im Kölner Hinterland riesige Braunkohletagebaue und zahlreiche Kraftwerke. Wegen seiner offensiven Lobbyarbeit sei der Konzern „in der Vergangenheit immer wieder in die Skandal-Schlagzeilen geraten“, so die Aachener Nachrichten, die vor diesem Hintergrund auch einige Fragen an den Landtagsabgeordneten zu seinem Zweitjob hatte. Gollands Reaktion beschreibt die Zeitung so:

„Eine umfangreiche Recherche-Anfrage unserer Zeitung blockte der selbsternannte „Null-Toleranz-Politiker“ brachial ab: „Trifft es zu, dass es Ihnen nicht um meine politische Arbeit und Überzeugung geht, sondern darum mich und die CDU zu diskreditieren?“ Statt die Usancen seiner Nebentätigkeit offenzulegen, gab Golland die Empfehlung, journalistische Recherchen besser auf „Landwirte, Rechtsanwälte und Geschäftsführer“ unter den Düsseldorfer Landtagsabgeordneten zu fokussieren. Im Übrigen, so teilte er mit, gehe er bei RWE „einer erlaubten Nebentätigkeit“ nach und halte sich dabei „an die Gesetze und Regelungen unseres Landes“. Aber warum geht er dann in Deckung?“

Ein Volksvertreter, der Fragen zu einer höchst problematischen Tätigkeit für einen Großkonzern ausweicht, offenbart, wie wenig er den Kern des Problems verstanden hat. Der Kölner Stadtanzeiger hat diesen mit drei Wörtern auf den Punkt gebracht: "Diener zweier Herren" – das geht als Volksvertreter gar nicht.


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