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Vortragshonorare: Wie viel kostet ein Abgeordneter?

Vortragshonorare von Politikern sind ein gut gehütetes Geheimnis. Dennoch lässt sich aus den Angaben über die Nebeneinkünfte ein grober Preiskatalog erstellen: Weniger bekannte Abgeordnete beispielsweise kosten zwischen 1.000 und 3.500 Euro pro Vortrag. Richtig teuer kann es bei einigen wenigen Spitzenpolitikern werden.

von Martin Reyher, 12.01.2011

Zum Glück sind die Plenarreden unserer Bundestagsabgeordneten schon mit ihren monatlichen Diäten abgegolten, ist man geneigt zu sagen angesichts der Honorare, die für Politikervorträge ansonsten üblich sind.

Abgeordnete sind nicht billig. Wie  viel genau sie pro Vortrag bei einem Unternehmen, auf einer Messe oder vor Verbandsvertretern erhalten, ist ein gut gehütetes Geheimnis. Doch immerhin lässt sich ein grober Preiskatalog erstellen, wenn man sich die Nebeneinkünfte aus dem Jahr 2010 genauer anschaut.

In der Öffentlichkeit weniger bekannte Politiker wie Marlies Volkmer oder Rolf Koschorrek treten gegen ein Honorar der "Stufe 1" auf, was einem Betrag zwischen 1.000 und 3.500 Euro entspricht. Genauere Angaben über diese Preisstufe müssen die Abgeordneten nicht machen. Volkmer beispielsweise sprach im vergangenen Jahr vor Vertretern des Pharmaunternehmens Roche, Koschorrek referierte für das gleiche Honorar insgesamt sieben Mal, u.a. bei Zahntechnikerverbänden, Pharmakonzernen und einer Versicherung.

Ein Ex-Minister aus der zweiten Reihe oder ein aus Funk und Fernsehen bekannter Fachpolitiker können für einen Vortrag schon weitaus mehr verlangen. Verkehrsminister a.D. Wolfgang Tiefensee trat 2010 bei der Stiftung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau für ein Honorar der "Stufe 2" auf, dies entspricht 3.500 bis 7.000 Euro. Der Innenpolitiker Wolfgang Bosbach, der vergangenes Jahr zu Mitarbeitern der Sparkasse Leverkusen sprach, gehört ebenfalls zu dieser Preiskategorie.

Top-Verdiener sind Politiker aus der allerersten Reihe. Linken-Fraktionschef Gregor Gysi kassierte 2010 für einen Vortrag, den die Redneragentur CSA Celebrity Speakers vermittelte, "Stufe 3". "Stufe 3" ist die problematischte aller Angaben bei Nebeneinkünften. Denn durch sie wird verschleiert, ob ein Abgeordneter 10.000 oder 100.000 Euro kassierte. Gesichert ist allein, dass das Honorar über 7.000 Euro lag.

Einsamer Spitzenreiter bei "Stufe 3"-Vorträgen ist der frühere Finanzminister Peer Steinbrück: Im vergangenen Jahr hielt er insgesamt 26 Reden dieser Kategorie (mehr...).

Die genauen Honorare der Top-Redner werden öffentlich nicht bekannt. Ein Rednervermittler, dessen Agentur selbst zahlreiche Spitzenpolitiker im Portfolio hat, nannte

auf Anfrage zwar eine konkrete Summe, allerdings nur unter der Bedingung von absoluter Diskretion. Zu groß ist die Sorge vor negativen Schlagzeilen über das üppige Zubrot mancher Politiker.

[Update 21.7.2011: Das Politmagazin "Kontrovers" des Bayerischen Rundfunks hat herausgefunden, dass ein Vortrag von Peer Steinbrück 20.000 Euro plus Fahrtkosten plus Spesen kosten kann. Den Journalisten liegt das Angebot einer Rednervermittlung vor. (mehr...)]

Für all jene, die einen Abgeordneten gerne einmal für einen Vortrag bei ihrer Firmenveranstaltung buchen möchten und sich nun von den Honoraren abgeschreckt fühlen, gibt es auch eine gute Nachricht: Preise sind offenbar verhandelbar. Innenexperte Bosbach tritt auch schon für 1.000 bis 3.500 Euro ("Stufe 1") vor Anwälten und IT-Experten auf, ebenso Fraktionschef Gysi, der vor der Loge Royal York Z. FRDD.I.L und dem Verlag für die Deutsche Wirtschaft zum Vorzugspreis redete. Und auch Peer Steinbrück ist im Zweifel günstiger zu haben. Bei der Vereinigung der Unternehmensverbände in Hamburg und Schleswig-Holstein trat er 2010 für gerade einmal 3.500 bis 7.000 Euro ans Rednerpult.

abgeordnetenwatch.de fordert seit langem eine komplette Offenlegung von Nebeneinkünften. Wir Bürgerinnen und Bürger haben ein Anrecht darauf zu erfahren, wieviel genau unsere Abgeordneten von Unternehmen und Verbänden erhalten.

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