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Lobbyismus – bewegt sich da was in Hessen?

Bei einer Expertenanhörung im Ältestenrat des hessischen Landtags zum Thema "Transparenz für Lobbyismus" waren kürzlich zahlreiche Politikberater und Lobbyverbände als Experten geladen - aber auch Vertreter aus der Zivilgesellschaft, darunter abgeordnetenwatch.de.

von Martin Reyher, 18.04.2013

In Wiesbaden hatte man beschlossen, sich diese Transparenz einmal näher anzuschauen. Bei einer Expertenanhörung im Ältestenrat des hessischen Landtags zum Thema „Transparenz für Lobbyismus“ waren zahlreiche Politikberater und Lobbyverbände als Experten geladen - aber auch Organisationen aus der Zivilgesellschaft, darunter abgeordnetenwatch.de.

Unsere Position hatten wir gemeinsam mit Ihnen, unseren Unterstützerinnen und Unterstützern, entwickelt. Denn in der Demokratie sollte nicht nur der Rat von Experten gehört werden, sondern vor allem auch die Interessen der Menschen berücksichtigt werden. Wenn Sie oder ich mehr Einblick in das politische System wollen, dann ist es in einer Demokratie unser Recht diesen Anspruch zu formulieren. Kommen wir damit weiter? Wir werden sehen.

Um 14:30 Uhr begann die Anhörung im Fraktionssaal der CDU. Um uns, die geladenen Sachverständigen, herum saßen die Abgeordneten. Jeder der Experten (seltsamerweise nur Männer) konnte zunächst ein etwa fünfminütiges Statement abgeben. Schon während der ersten Vorträge beschäftigten sich einige Abgeordnete lieber mit Zeitschriften. In der anschließenden Fragerunde meldeten sich nur wenige Abgeordnete zu Wort.

Welche Punkte wurden in der Ausschusssitzung diskutiert? Hier eine kleine Übersicht.

Problem: Uneingeschränkter Zugang zu Entscheidungsträgern ist für Lobbyisten ein hoch geschätzter Wert. Wenn die Kontakte dann auch noch für Außenstehende unerkannt bleiben, kann eine demokratisch nicht mehr kontrollierbare Beeinflussung von Abgeordneten stattfinden. Lösungsansatz: Ein mögliches Lobbyregister bildete den Kern der Debatte. Hier herrschte unter den Sachverständigen weitgehend Einigkeit, dass ein solches Register weiterhelfen dürfte. Wie ein Lobbyregister ausgestaltet sein sollte, war dann allerdings schon unklar. Verpflichtend oder freiwillig? Mit zusätzlichen Pflichten oder Rechten ausgestattet? Welche Informationen gehören dort hinein? Mitarbeiter, Unternehmenszahlen, Kontakte oder auch Termine? Es ist zwar wichtig diese Punkte zu klären, der Debatte hat diese Komplexität allerdings geschadet. Viel wurde durcheinander geworfen oder mit Phrasen wie „das gibt es doch alles schon“ abgebügelt.

Problem:

Theoretisch kann jeder einen Gesetzentwurf schreiben und einem Abgeordneten diesen mit auf den Weg geben. Während der Durchschnittsbürger eher selten von einer solchen Möglichkeit Gebrauch macht, haben Lobbyisten solch einen Zugang, um Interessen einer kleinen Gruppe gezielt in ein Gesetz einfließen zu lassen. Im Zweifel ist es der Abgeordnete, der als Urheber des Gesetzes gilt. Die wahren Autoren sind unbekannt.

Lösungsansatz: Ein weiterer wesentlicher Punkt in der Anhörung war der sogenannte legislative Fußabdruck, dass also aus Gesetzentwürfen hervorgehen soll, wer für welche Textpassagen verantwortlich ist. So kann nicht nur der Abgeordnete sondern jeder Mensch sehen, wessen Interessen in ein Gesetz eingeflossen sind. Aber auch bei diesem Thema konnte man in den Details keine Einigkeit unter den Sachverständigen erkennen.

Problem:

Politiker, die aus der Politik ausscheiden, verfügen oft über ein exzellentes Netzwerk. Lobbyisten möchten solche Netzwerke gerne nutzen und geben Abgeordneten schon während ihres Mandates lukrative  Jobversprechen für die Zukunft. Hier wird offensichtlich nur eine einzige Qualifikation gekauft: die Kontakte.

Lösungsansatz: Politiker dürfen nach Ausscheiden aus der Politik nicht selber Lobbyisten werden - zumindest nicht innerhalb einer bestimmten Zeitspanne. Zwei Legislaturperioden könnten ausreichen, um den Wert des Netzwerkes zu reduzieren. Alle Stellungnahmen finden Sie auf der Landtagshomepage

Auch wenn solche Expertenbefragungen wichtig sind: Noch viel wichtiger ist, dass sich die Abgeordneten mit den Menschen in ihrem Wahlkreis auseinandersetzen. Dass eine zivilgesellschaftliche Organisation wie abgeordnetenwatch.de erst die Vorschläge von Bürgern sammeln und diese dann in eine Anhörung einbringt, sollte nicht der übliche Weg sein. Besser wäre, die Abgeordneten würden direkt mit Ihnen diskutieren. Befragen Sie Ihre Abgeordneten zum Thema Lobbyismus!

Sollen wir auch künftig Einladungen zu Anhörungen annehmen? Bitte sagen Sie uns Ihre Meinung in den Kommentaren.

Übrigens: Ausgerechnet ein Mitglied des Ältestenrates hat bereits über abgeordnetenwatch.de Fragen zu seinen Lobbyismus-Tätigkeiten bekommen. Mehr zum Abgeordneten Holger Bellino und dessen Nebentätigkeit lesen Sie hier im Blog.

 

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