Großspende im Geldkoffer – ganz legal: Wie sich das Parteiengesetz umgehen lässt

Einer Partei eine Großspende im Geldkoffer übergeben – das ist laut Parteiengesetz unzulässig. Wer es trotzdem tut, hat allerdings nichts zu befürchten. Transparenzschlupflöcher wie dieses sind seit Jahren bekannt, doch die Regierungsparteien denken gar nicht daran, sie zu stopfen.

von Martin Reyher, 04.04.2016

Wenn Sie einer Partei eine Barspende zukommen lassen möchten, gibt es dafür eine klare Regel: Max. 1.000 Euro – höher darf eine in bar gezahlte Zuwendung laut Parteiengesetz nicht sein ("Bis zu einem Betrag von 1 000 Euro kann eine Spende mittels Bargeld erfolgen", § 25 Absatz 1 Satz 2 PartG).

Nur: Die Bargeldgrenze für Parteispenden steht zwar so im Gesetz, doch sie ist eher als Empfehlung zu verstehen. Wenn Sie möchten, können Sie einer Partei auch einen Geldkoffer mit 20.000 oder 100.000 Euro überreichen, ohne dass Sie deswegen mit der Justiz in Konflikt geraten (ab 10.000 Euro gelten allerdings auch für Barbeträge die ganz normalen Offenlegungspflichten für Parteispenden).

Die Erklärung dafür ist bizarr: "Eine Barspende trägt für sich genommen keinen Unrechtsgehalt in sich", so Bundestagspräsident Norbert Lammert 2013 in seinem Prüfbericht über die Rechenschaftsberichte der Parteien. "Doch hat der Gesetzgeber diese Art und Weise der Geldzuwendung, die besonders geeignet ist, zur Bildung 'schwarzer Kassen' zu verführen, prophylaktisch gewissen Restriktionen unterworfen." Vereinfacht gesagt: Weil der Gesetzgeber schwarze Kassen bei den Parteien nicht so toll findet, empfiehlt er, mit Barspenden bitte zurückhaltend umzugehen.

Es wird noch abstruser. Obwohl eine Großspende im Geldkoffer parteienrechtlich eine nicht rechtmäßig erworbene Zuwendung ist, darf die Partei das Geld behalten - im Gegensatz zu anderen "unzulässigen Spenden". Erhält sie zum Beispiel die Zuwendung einer politischen Stiftung, eines Unternehmens in öffentlicher Hand oder einem Ausländer (im letzteren Fall in Höhe von mehr als 1.000 Euro), muss die Partei das Geld an den Bundestagspräsidenten weiterleiten, und zwar "unverzüglich" .

Einen kleinen Nachteil haben hohe Barspenden für eine Partei dann aber doch: Jeder Spenden-Euro einer Privatperson, der oberhalb der 1.000 Euro-Grenze liegt, wird vom Staat nicht mit 45 Cent bezuschusst. Schließlich handelt es sich ja um eine nicht rechtmäßig erlangte Zuwendung.

Mit "Spendenwaschanlagen" hohe Beträge verschleiern

Nicht nur mit Barspenden lässt sich das Parteiengesetz aushebeln. Wenn Sie einer Partei im großen Stile etwas Gutes tun und dabei unerkannt bleiben möchten, sei Ihnen eine Unterstützungsinitiative empfohlen. Das Prinzip ist simpel: Man gründet z.B. einen Verein, sammelt (Groß)spenden ein und finanziert daraus eine Wahlkampagne zugunsten einer Partei. Dass sich auf diesem Wege hunderttausende Euro zum Wohle einer Partei einsetzen lassen, ohne dass die eigentlichen Geldgeber öffentlich bekannt werden, hat vor kurzem eine AfD-Unterstützerinitiative gezeigt, hinter der mehrere wohlhabende Privatpersonen stehen sollen.

Diese Form der Parteienunterstützung ist zwar höchst intransparent, aber vollkommen legal, sofern der Verein rechtlich eigenständig ist und ohne Kenntnis der Partei handelt. Dass sich über Unterstützerinitiativen hohe Geldbeträge an den Transparenzregeln vorbei an eine Partei schleusen lassen, geht auch Bundestagspräsident Norbert Lammert gegen den Strich. "Drastisch formuliert lässt sich feststellen, dass sich solche Vereine durchaus als 'Spendenwaschanlagen zur Verschleierung hoher - womöglich als Parteispenden sogar unzulässiger - Unterstützungszahlungen eignen," schreibt Lammert in seinem Prüfbericht von 2013.

Das Parteiengesetz lässt sich auch noch anderweitig aushebeln. Gerne praktiziert wird zum Beispiel das Stückeln von Parteispenden mit dem Ziel, die Veröffentlichungsgrenze von 50.000 Euro zu umgehen. Zuwendungen die über diesem Betrag liegen, müssen  "unverzüglich" auf der Bundestagshomepage angegeben werden, woran aber nicht jeder ein Interesse hat. Und so kann es vorkommen, dass etwa die Tchibo-Eigentümerfamilie Herz im Wahljahr 2013 der CDU insgesamt 152.000 Euro zukommen ließ, was allerdings erst Jahre später bekannt wurde. Denn jede der vier Einzelspenden von Günter, Christian, Michaela und Daniela Herz ("Große Theaterstraße 1a, 20354 Hamburg") lag unter der 50.000 Euro-Grenze.

In regelmäßigen Abständen (2009, 2011, 2013) fordert Parlamentspräsident Norbert Lammert die Bundestagsabgeordneten auf, wirkungsvolle Maßnahmen gegen die mögliche Umgehung des Parteiengesetzes zu ergreifen, doch seine Appelle werden konsequent ignoriert: erst von der schwarz-gelben Koalition, inzwischen von Union und SPD. Die Regierungsparteien können offensichtlich gut mit den Transparenzschlupflöchern leben.

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Artikels war die Rede davon, dass hohe Geldzahlungen an Parteien unentdeckt bleiben, sofern sie als Mitgliedsbeiträge statt als Parteispende deklariert werden. Dies war in der Tat lange Zeit der Fall. Allerdings hat der Bundestag Ende 2015 das Parteiengesetz diesbezüglich reformiert. Inzwischen müssen neben Parteispenden und den sog. Mandatsträgerbeiträgen auch Mitgliedsbeiträge in den Rechenschaftsberichten der Parteien veröffentlicht werden, wenn die Gesamthöhe aus diesen Zuwendungen mehr als 10.000 Euro beträgt.

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