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Reaktionen auf das Urteil zu Lobbyisten-Hausausweisen: "Bravo! Bürger gewinnen vor Gericht"

Von "Bravo! Bürger gewinnen vor Gericht" bis "Bitter, dass eine Klage überhaupt notwendig war" reichen die Reaktionen auf das Urteil, das das Berliner Verwaltungsgericht am Donnerstag zur Offenlegung von Lobbyisten-Hausausweisen für den Bundestag gefällt hat. Das Gericht gab damit einer abgeordnetenwatch.de-Klage in allen Punkten Recht. Wie Politiker, Journalisten und Bürger auf das Urteil reagierten – eine Auswahl.

von Martin Reyher, 22.06.2015

"Das Urteil ist ein Sieg für die Informationsfreiheit und für mehr Transparenz bei der Tätigkeit der Lobbyisten": Bewertung des Urteils durch unsere Anwältin Katja Pink (0:55 Min.):

 

 

Der Europaabgeordnete Sven Giegold (Grüne) schrieb auf Twitter: "Bravo! Bürger gewinnen vor Gericht: Bundestag muss nun offenlegen, welche Lobbyisten Hausausweise bekommen."

 

Auch die Deutsche Gesellschaft für Politikberatung (de'ge'pol) begrüßte das Urteil. Gegenüber dem Portal politik & kommunikation sagte deren Vorsitzender Dominik Meier: "Die richterliche Entscheidung ist ein guter Schritt, um auf einfache Weise mehr Transparenz für die Bürger im politischen Prozess zu erreichen." Heiko Kretschmer, Ethikbeauftragter der de’ge’pol, forderte Bundestagspräsident Norbert Lammert auf, die Entscheidung des Gerichts anzuerkennen: "Die Bundestagsverwaltung sollte davon Abstand nehmen, in Berufung zu gehen. Lammert muss die politische Dimension dieses Urteils sehen und entsprechend entscheiden."  "Der Bundestag will uns in ein langwieriges und kostspieliges Verfahren verwickeln": Eine Bewertung der Gerichtsverhandlung von abgeordnetenwatch.de-Geschäftsführer Gregor Hackmack (1:50 Min.):

Der Tagesspiegel schrieb: "Sollte das Urteil rechtskräftig werden, steht insbesondere zu erwarten, dass die Namen von Wirtschaftsunternehmen publik werden, die ihre Vertreter direkt in den Bundestag entsenden."  Twitter-User Heiko Haller kommentierte: "1:0 #Demokratie vs. #Korruption: @a_watch gewinnt Klage gegen #Bundestag der jetzt geheime Lobbyisten offenlegen muss."

 

Die Organisation Lobbycontrol schrieb auf ihrer Homepage: "Wir begrüßen das Urteil und fordern den Bundestag auf, die Debatte um Zugangsregeln zum Parlament zu nutzen, um endlich grundlegend mehr Transparenz beim Lobbyismus zu schaffen. Die Geheimniskrämerei darüber, wer in Berlin in wessen Auftrag welche Interessen vertritt, muss ein Ende haben." 

 

Der Bundestagsabgeordnete Marco Bülow twitterte mit Bezug auf die SPD-Fraktion, die eine Offenlegung ihrer Lobbykontakte auf freiwilliger Basis verweigert hatte: "War abzusehen. Ich finde es unverständlich das meine Fraktion es darauf angelegt hat - habe versucht das zu ändern."

Der RBB berichtete ausführlich über die abgeordnetenwatch.de-Klage und das Hausausweis-Urteil (plus eine Einordnung des RBB-Lobbyismusexperten Sascha Adamek):

Das Portal parlementarisme.de kommentierte: "Die Bürger Deutschlands können Transparenz von allen staatlichen Organen erwarten, solange Informationen nicht aus guten Gründen geschützt werden. Gerade für den Bundestag aber, dem direkt gewählten deutschen Parlament, ist diese Abwehrreaktion, die jetzt über Monate hinweg praktiziert wird, absolut unwürdig. (...) Egal wie es weitergeht: Der Ruf des Parlaments hat weiteren Schaden genommen."  Der Bremer Bürgerschaftsabgeordnete Wilko Zicht (Grüne) twitterte: "Sehr schönes Urteil, das @a_watch da erstritten hat. Bitter aber, dass das überhaupt notwendig war."

 

Der ödp-Bundesverband gratulierte: "Herzlichen Glückwunsch zur gewonnenen Klage! #awklage @G_Hackmack @a_watch #awKlage"

Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, Britta Haßelmann, schrieb in einer Pressemitteilung: "Mehr Transparenz im Lobbygeschehen ist richtig und wichtig. Wenn wir klare Regelungen für ein öffentliches Lobbyregister hätten, wäre die Klage von Abgeordnetenwatch nicht nötig gewesen. Union und SPD müssen jetzt ihre Blockadehaltung aufgeben und unsere Initiative zur Einrichtung eines Lobbyregisters unterstützen." Haßelmann hatte gegenüber abgeordnetenwatch.de freiwillig mitgeteilt, welchen Organisationen sie einen Hausausweis bewilligt hatte. Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Linken, Petra Sitte, verwies auf Twitter darauf, dass auch ihre Fraktion die eigenen Lobbykontakte freiwillig offengelegt hatte: "Hintergrund der @a_watch-Klage um die Lobbyistenausweise: #GroKo verweigerte sich. @Linksfraktion transparent."

 

So geht es jetzt weiter:

Die schriftliche Urteilsbegründung des Berliner Verwaltungsgerichts wird erst in einigen Wochen erwartet. Sobald diese vorliegt, bleibt dem Deutschen Bundestag ein Monat, um gegen das Urteil Berufung einzulegen. Laut Tagesspiegel wird die Parlamentsverwaltung diesen Schritt wahrscheinlich gehen. Bis zur Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg dürften dann mehrere Monate, möglicherweise sogar über ein Jahr, vergehen. Unserer Einschätzung nach versucht der Bundestag, auf Zeit zu spielen, damit ein rechtskräftiges Urteil erst nach der nächsten Bundestagswahl fällt, die vermutlich im Herbst 2017 stattfinden wird. Dass der Parlamentsverwaltung offenbar nicht an einem schnellen rechtskräftigen Urteil gelegen ist, zeigte sich während der mündlichen Verhandlung am 18. Juni 2015: Die Anwälte des Deutschen Bundestages erklärten auf Nachfrage der Richterin, dass sie keine "Sprungrevision" planten. Bei einer sog. "Sprungrevision" wird die zweite Instanz übersprungen, um einen Rechtsstreit direkt vor das letztinstanzliche Gericht zu bringen, in diesem Fall das Bundesverwaltungsgericht.

Update vom 7. Juli 2015: Nun liegt auch die schriftliche Urteilsbegründung vor. Lesen Sie hier unseren Text "Bundestag handelte "rechtswidrig": Die Urteilsbegründung zu unserer Hausausweis-Klage ist da"

Presseartikel zum Urteil:

  • SZ: Gerichtsentscheid zu Lobby-Einfluss: Bundestag muss Vergabe von Hausausweisen offenlegen
  • stern.de: Lobbyisten im Bundestag: Abgeordnetenwatch gewinnt Klage gegen den Deutschen Bundestag
  • ZEIT.de: Bundestag muss Lobbyisten offenlegen
  • Tagesspiegel: Gericht fordert mehr Transparenz bei Lobbyisten-Zugang im Parlament
  • Neues Deutschland: Bundestagsverwaltung unterliegt vor Gericht
  • Legal Tribune Online: Bundestag muss Lobbyistenliste veröffentlichen
  • AFP: Bundestag muss Vergabe von Hausausweisen an Lobbyisten offenlegen
  • junge welt: Das freie Mandat ist nicht beeinträchtigt
  • Politik & Kommunikation: Bundestag muss über Lobby-Hausausweise informieren

Hintergrundartikel zur Klage:

Dokumente zur Klage:

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