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So zwingen Sie den Staat zur Herausgabe von Daten

Was hat der 60. Geburtstag von Josef Ackermann mit einem Bürgerrecht zu tun? Die Antwort gab kürzlich ein Workshop mit Experten zum Thema Informationsfreiheit. Als Bürger können Sie den Staat nämlich zur Auskunft zwingen, sogar zur Ackermann-Party. Denn bezahlt wurde die Sause von den Steuerzahlern.

von Redaktion abgeordnetenwatch.de, 30.01.2015

Von Nicolas Koch

Am Abend des 22. April 2008 hatte Angela Merkel eine illustre Runde im Bundeskanzleramt versammelt. Gekommen waren u.a. Vertreter aus Wirtschaft, Medien und Politik, um den 60. Geburtstag des damaligen Deutsche Bank-Chefs Josef Ackermann zu feiern. Doch wer die Partygäste waren, die es sich in der Regierungszentrale auf Steuerzahlerkosten gut gehen ließen, war nicht bekannt und wäre wahrscheinlich auch niemals öffentlich geworden, hätte nicht der Verbraucherschützer Thilo Bode beim Bundeskanzleramt um die Gästeliste gebeten.

Bode berief sich dabei auf das Informationsfreiheitsgesetz (IFG), das jeder Bürgerin und jedem Bürger ermöglicht, staatliche Informationen und Dokumente anzufordern. Seit 2006 existiert dieses Recht für den Bund, und auch in den allermeisten Bundesländern gibt es inzwischen ein Informationsfreiheitsgesetz.

Wie man „Behörden zur Auskunft zwingt", vermittelte vergangenen Montag ein Workshop, zu dem abgeordnetenwatch.de interessierte Bürger und Medienvertreter eingeladen hatte. Zwei Experten des gemeinnützigen Recherchebüros Correct!v erklärten den rund 60 Teilnehmern, welche Rechte sie haben und wie sie diese am besten nutzen.

Nach dem IFG sind alle Bundesbehörden (sowie die entsprechenden Landesbehörden) gegenüber Bürgerinnen und Bürgern auskunftspflichtig. Unter das Informationsfreiheitsgesetz fallen aber auch öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten und Unternehmen, die sich mehrheitlich im Staatsbesitz befinden, sowie teilweise vom Staat finanzierte Einrichtungen wie Schwimmbäder oder Bibliotheken. Von all diesen Einrichtungen können sie Akten anfragen, aber auch Notizen oder Schriftwechsel der Behördenmitarbeiter.

Wie funktioniert eine IFG-Anfrage und was müssen Sie beachten?

  • Grundsätzlich ist eine Anfrage nicht kompliziert. Sie muss zwar schriftlich sein, aber ohne bestimmte Form (z.B. per Mail, Fax, Brief). Ein Tipp der Experten: Sie sollten unbedingt Vorarbeit leisten, um so den Behörden und auch sich selbst das Leben zu erleichtern.  Zunächst sollten Sie sich im Klaren sein, welche Information Sie genau anfragen möchten. Deshalb sollten Sie sich vorher gut über das Thema informieren, um 1.) wirklich nur dann Behörden anzufragen, wenn die Information nicht anders erreichbar ist und sich 2.) an die richtige Behörde wenden.
  • Eine Anfrage sollte nach Möglichkeit knapp und präzise formuliert sein, manchmal kann der Verweis auf ein bestimmtes Gesetz sinnvoll sein.
  • Um eine Anfrage zu stellen, können Sie auch das Internetportal https://fragdenstaat.de/ nutzen. Dort gibt es bereits vorgefertigte Textbausteine, so dass Sie nur noch ihr eigenes Anliegen hinzufügen müssen.
  • Wichtig ist es, immer einen Kostenvoranschlag zu verlangen. Meist sind die Anfragen kostenfrei. Allerdings können Behörden bei größerem Arbeits- bzw. Beschaffungsaufwand die Kosten an den Antragssteller weiterreichen. Dies kann auf Bundesebene bis zu 500€ kosten, auf Landesebene hängt dies vom jeweiligen Bundesland ab. Wichtig: Wenn Sie im vorhinein um eine Mitteilung über mögliche Kosten bitten, können Sie ihre IFG-Anfrage wieder zurückziehen, falls Sie die Kosten nicht tragen wollen oder können.
  • Nicht alle Dokumente oder Informationen werden ohne weiteres herausgegeben. Ausnahmen sind u.a.: persönliche Daten, Geschäftsgeheimnisse oder Informationen, die bestimmte Einrichtungen wie die Bundeswehr oder die Geheimdienste betreffen. Dabei wird Datenschutz und Privatsphäre groß geschrieben. Oftmals wird dies von den Behörden aber auch vorgeschoben, wie die Teilnehmer des Workshops lernen konnten, denn die Bereitstellung von Dokumenten oder Akten bedeutet für die betroffene Behörde einen zusätzlichen Aufwand, weswegen die Herausgabe gerne schon mal blockiert wird. Aber auch der umgekehrte Fall ist möglich, wie die Correct!v-Experten aus eigener Erfahrung berichteten: Manchen Beamten freut es sogar, wenn sich jemand für sein Spezialthema interessiert.

Sollte eine Anfrage trotz der oben genannten Tipps nicht beantwortet werden oder eine Behörde zu hohe Kosten verlangen, bedeutet das aber noch lange nicht das Ende:

  • Bei hohen Kosten immer nach den Gründen fragen, denn eine Behörde kann sich diese nicht einfach ausdenken.
  • Bei Ablehnung immer auf einer Begründung beharren.
  • Sollte Ihre Anfrage mit Verweis auf "persönliche Daten" in einem Dokument abgewiesen werden, können Sie diese schwärzen lassen.
  • Bei Ablehnung Ihrer Anfrage oder bei Nichteinhaltung der Fristen durch eine Behörde (in der Regel ein Monat) können Sie sich an die Beauftragte für Informationsfreiheit zu wenden und diese um Prüfung des Sachverhaltes bitten. Auf Bundesebene ist dies Andrea Voßhoff.
  • Sollten Sie alles ausprobiert haben und noch immer gibt die Behörde die gewünschten Informationen nicht frei, ist der letzte Schritt eine Klage.

Bei einer Klage sollten Sie beachten, dass u.U. hohe Kosten anfallen können (z.B. für Anwalt und Gericht). Sie sollten sich deswegen bzgl. Ihrer Erfolgsaussichten ziemlich sicher sein. Es empfiehlt sich, den vorherigen Austausch von Argumenten mit der betroffenen Behörde schriftlich zu machen, da diese Dokumente in einem Prozess als Beweis dienen können. Wenn die Klage publik gemacht wird, kann das die Verhandlungsgrundlage verbessern und die Behörde unter Druck setzen.

Den Weg einer Klage musste übrigens auch Verbraucherschützer Thilo Bode gehen, um an die Gästeliste des Ackermann-Geburtstages zu kommen. Denn das Kanzleramt hatte sich zunächst geweigert, die Informationen herauszugeben. Zu Unrecht, wie das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg schließlich urteilte - die Teilnehmerliste musste veröffentlicht werden. Zu den Partygästen gehörten u.a. der Unternehmensberater Roland Berger, BILD-Chef Kai Diekmann und der Bankier Friedrich von Metzler.

Auch abgeordnetenwatch.de hat wegen einer abgelehnten IFG-Anfrage kürzlich Klage eingereicht. Der Bundestag hatte sich uns gegenüber geweigert, eine Liste mit Interessenverbänden herauszugeben, deren Mitarbeiter mit Bewilligung der Bundestagsfraktionen einen Hausausweis erhalten haben (weitere Informationen zu unserer Klage finden Sie in dem Artikel "Bundestag vergab 1.000 Lobbyisten-Hausausweise im Geheimverfahren")

Aber keine Angst: In den allermeisten Fällen bedarf es keiner Klage, weil die Behörden die gewünschten Informationen auch so und ohne zusätzliche Kosten herausgeben. Machen Sie vom Informationsfreiheitsgesetz Gebrauch - es ist Ihr Recht!

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